... – ein kritisches Gespräch inmitten eskalierender Spannungen, Atomdrohungen und drohender Sanktionen.
Diplomatie auf Zeit: Europas Gesprächsbereitschaft unter Druck
Es ist das erste direkte Treffen seit dem Zwölftagekrieg zwischen dem Iran und Israel – und es kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: Die Europäer drängen auf Fortschritte im festgefahrenen Atomstreit, während der Iran seine Urananreicherung weiter hochfährt und die Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ausgesetzt hat. In Istanbul sprechen die E3-Staaten nun mit Irans Vize-Außenminister Gharibabadi – aus europäischer Sicht möglicherweise der letzte Versuch, diplomatisch eine Einigung zu erzielen.
„Untätigkeit ist keine Option“, heißt es aus EU-Kreisen. Doch zwischen Wunsch und Wirklichkeit klafft eine gefährliche Lücke: Der sogenannte Snapback-Mechanismus, mit dem frühere UN-Sanktionen gegen den Iran automatisch wieder in Kraft treten könnten, läuft im Herbst aus. Das Zeitfenster für diplomatische Lösungen wird damit immer enger – während Teheran taktisch auf Zeit spielt.
Ein Realitätscheck oder ein taktisches Manöver?
Der Iran selbst sprach vor dem Treffen von einer „Realitätsprüfung für die Europäer“. Gemeint ist: Die Europäer sollen ihre Haltung überdenken – aus Sicht Teherans. Doch wer hier wirklich den Bezug zur Realität verloren hat, bleibt fraglich. Nach jahrelangem Bruch des Atomabkommens durch beide Seiten – erst durch den einseitigen US-Ausstieg 2018 unter Donald Trump, dann durch schrittweise Verstöße Irans – wirkt die Rückkehr zu irgendeiner Art von Vertrauen illusorisch.
Dass Iran nun „in zwei bis drei Wochen“ wieder eine technische Delegation der IAEA ins Land lassen will, wird von IAEA-Chef Rafael Grossi als „ermutigend“ bezeichnet. Doch selbst diese soll keinen Zugang zu den Atomanlagen erhalten – ein symbolischer Schritt ohne Substanz. Die IAEA-Inspektoren sind seit dem Krieg nicht mehr im Land – und ohne Transparenz ist jede technische Zusammenarbeit reine Kosmetik.
Krieg, Atomangst, Verhandlungen – alles gleichzeitig
Der jüngste Krieg mit Israel und die Beteiligung der USA zeigen: Der Konflikt um das iranische Atomprogramm ist längst nicht mehr nur diplomatisch. Die gezielten Angriffe auf Atomanlagen wie Fordo und Natans haben das Vertrauen zwischen Teheran und dem Westen endgültig zerstört. Die Eskalationsspirale aus Angriffen, Raketen, Drohnen und diplomatischen Floskeln dreht sich weiter.
Dass Europa nun dennoch auf Gespräche setzt, ist ehrenwert – aber zugleich riskant. Denn während Iran auf Zeit spielt und seine nukleare Infrastruktur weiterentwickelt, droht der Westen seine letzten Druckmittel zu verlieren. Der Snapback-Mechanismus ist kein unbegrenztes Instrument. Und ohne spürbare Fortschritte könnte der diplomatische Weg schon bald an sein Ende kommen.
Erklärungen:
E3-Staaten: Deutschland, Frankreich und Großbritannien – die drei europäischen Unterzeichner des Iran-Atomabkommens.
Snapback-Mechanismus: Automatische Wiedereinsetzung früherer UN-Sanktionen bei Vertragsverstößen.
IAEA (Internationale Atomenergiebehörde): UN-Behörde zur Überwachung nuklearer Aktivitäten weltweit.
Urananreicherung: Prozess zur Erhöhung des Anteils spaltbaren Urans – je höher der Anteil, desto näher an waffenfähigem Material.
Atomabkommen (JCPOA): 2015 geschlossenes Abkommen zur Beschränkung des iranischen Atomprogramms.
Fordo/Natans/Isfahan: Zentrale iranische Atomanlagen, Ziel mehrerer Angriffe in der Vergangenheit.
Inspektionen: Kontrolle durch unabhängige Experten, um die Einhaltung internationaler Vereinbarungen zu überprüfen.
Sanktionen: Wirtschaftliche und politische Strafmaßnahmen, meist zur Durchsetzung von Vereinbarungen.
OZD
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Bild: AFP