Der Angriff Israels auf das berüchtigte Evin-Gefängnis in Teheran markiert eine neue Eskalationsstufe im israelisch-iranischen Konflikt. Mindestens 71 Menschen kamen laut iranischer Justiz ums Leben – darunter nicht nur Gefängnisinsassen, sondern auch Besucher, Verwaltungsmitarbeiter und Anwohner. Der gezielte Angriff auf Krankentrakt und Besucherräume lässt die Diskussion um völkerrechtliche Grenzen militärischer Operationen wieder aufflammen.
Israel bestätigt den Angriff und beruft sich auf die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm. Doch das Ziel – ein Gefängnis, das vor allem als Symbol für politische Repression bekannt ist – lässt Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Militärschlags aufkommen. Menschenrechtsorganisationen verweisen darauf, dass im Evin-Gefängnis unter anderem die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi und zahlreiche ausländische Staatsbürger inhaftiert sind oder waren.
Der Militäreinsatz vom 13. Juni, bei dem auch weitere iranische Ziele getroffen wurden, löste eine Kettenreaktion aus: Iran antwortete mit Angriffswellen, die USA griffen in den Konflikt ein und bombardierten mehrere Atomanlagen im Iran. Am Dienstag trat schließlich eine Waffenruhe in Kraft – nach zwölf Tagen Krieg. Doch der Angriff auf Evin bleibt ein Symbol für die Eskalation, bei der zivile Opfer in den Hintergrund militärischer Kalkulation zu rücken scheinen.
Der Fall zeigt einmal mehr, wie fragil internationale Regeln werden, wenn staatliche Sicherheitsinteressen über zivile Schutzrechte gestellt werden. Die Frage bleibt, ob mit solchen Angriffen politische Botschaften gesendet oder gefährliche Präzedenzfälle geschaffen werden. Wenn selbst Orte, an denen Menschen auf Besuch oder medizinische Versorgung angewiesen sind, zu legitimen Zielen erklärt werden, gerät das Fundament des humanitären Völkerrechts ins Wanken.
OZD
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