Die Hamas hat am Freitag die sterblichen Überreste einer weiteren israelischen Geisel an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben. Der Leichnam wurde anschließend im Gazastreifen an israelische Sicherheitskräfte übergeben, teilte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu am späten Abend mit.
Der Körper werde nun im nationalen Institut für Gerichtsmedizin in Tel Aviv identifiziert, hieß es weiter. Damit hat die Hamas inzwischen zehn von 28 toten Geiseln übergeben, deren Rückgabe sie im Rahmen des US-vermittelten Waffenruhe-Abkommens zugesagt hatte.
Nach Angaben des bewaffneten Hamas-Arms, der Essedin-al-Kassam-Brigaden, sei die Leiche erst am Freitag im Gazastreifen geborgen worden.
Die israelische Armee bestätigte die Übergabe an das Rote Kreuz und erklärte, die Hamas sei „verpflichtet, das Abkommen einzuhalten und alle verstorbenen Geiseln zurückzugeben“. Das israelische Militär betonte zugleich, Israel werde „alle notwendigen Maßnahmen“ ergreifen, sollte die Hamas die Vereinbarungen weiter verzögern.
Gemäß dem von US-Präsident Donald Trump vorangetriebenen Friedensplan hätte die Hamas bereits am vergangenen Montag sämtliche 28 toten Geiseln an Israel überstellen müssen – zusätzlich zu den 20 überlebenden Geiseln, die wie vereinbart freikamen.
Weil die Hamas bislang nur einen Teil der Leichen übergeben hat, drohte die israelische Regierung zuletzt mit einer Wiederaufnahme der Kämpfe im Gazastreifen.
Die Hamas erklärte hingegen, sie habe ihre Verpflichtungen erfüllt. Für die Bergung der verbliebenen Leichen werde „spezielle Ausrüstung“ benötigt, da viele Opfer unter den Trümmern zerstörter Gebäude vermutet werden.
Unterdessen teilte die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad mit, dass 81 Spezialisten in die Region entsandt worden seien, um bei der Suche und Bergung der Leichen zu helfen. Die Teams warten derzeit in Ägypten auf die Freigabe durch Israel, um in den Gazastreifen einreisen zu können.
Kommentar:
Die Übergabe der zehnten Geisel-Leiche ist ein weiteres Symbol für das fragile Vertrauen zwischen Israel und der Hamas. Jeder dieser Transporte ist nicht nur eine humanitäre Geste, sondern auch ein politischer Balanceakt, bei dem jede Seite versucht, ihre Handlungsfähigkeit zu demonstrieren.
Die Hamas zeigt sich nach außen als kooperationsbereit – doch die Verzögerungen bei der Übergabe der Leichen deuten darauf hin, dass sie das Abkommen taktisch nutzt, um Zeit zu gewinnen und Druck zu vermeiden. Israel wiederum steht unter wachsendem innenpolitischem Druck, endlich Gewissheit über das Schicksal aller Geiseln zu schaffen.
Dass inzwischen selbst türkische Bergungsteams auf ihren Einsatz warten, zeigt, wie kompliziert und politisch aufgeladen die Lage im Gazastreifen bleibt. Jeder Schritt, jede Verzögerung kann neue Spannungen auslösen. Sollte die Hamas ihre Zusagen weiter hinauszögern, droht nicht nur das Ende der Waffenruhe – sondern ein erneutes Aufflammen des gesamten Konflikts.
OZD
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Bild: AFP