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Russlands Flottenparade abgesagt – Symbolpolitik trifft Sicherheitsrealität

Erstmals seit der Wiedereinführung fällt Russlands Marineparade in St. Petersburg aus – offiziell aus Sicherheitsgründen. Die Absage offenbart mehr als militärische Vorsicht: Sie zeigt Putins wachsende Verwundbarkeit.

Die alljährliche Flottenparade in St. Petersburg sollte ein Zeichen nationaler Stärke sein – stattdessen bleibt sie in diesem Jahr aus. Zum ersten Mal seit ihrer Wiedereinführung 2017 wurde die prestigeträchtige Veranstaltung zum "Tag der Marine" abgesagt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow begründete dies am Sonntag mit "Sicherheitsgründen", ohne Details zu nennen.

In Putins Russland ist der Tag der Marine mehr als ein Feiertag: Er ist militärisches Spektakel, Imagepflege und geopolitische Machtdemonstration zugleich. Dass dieses Event nun ausfällt, zeigt, wie real die Bedrohung für das eigene Territorium mittlerweile ist. Laut russischem Verteidigungsministerium wurden in der Nacht zum Sonntag rund hundert ukrainische Drohnen abgewehrt – ein Großteil davon in der Nähe von St. Petersburg. Selbst der Flughafen der Stadt war zeitweise betroffen.

Während Präsident Putin in einer Videobotschaft die "Tapferkeit" der Marinetruppen in der Ukraine lobt und von der "Verteidigung nationaler Interessen" spricht, wirkt die kurzfristige Absage wie ein symbolischer Kontrollverlust. Die heile, militärisch dominante Selbstdarstellung bekommt Risse – sichtbar bis in die Heimatfront.

Analyse
Die Absage der Marineparade ist mehr als eine Vorsichtsmaßnahme – sie ist ein Eingeständnis wachsender Unsicherheit. Die russische Führung ist sich bewusst, dass auch die einst als unangreifbar geltenden Zentren wie St. Petersburg zur Zielscheibe geworden sind. Ukrainische Drohnenangriffe, einst selten und symbolisch, werden zunehmend taktisch und technisch präziser.

Dass ein zentraler Bestandteil der russischen Militär-PR gestrichen wird, dürfte auch innenpolitisch Wirkung zeigen. In einem Krieg, der offiziell nicht "Krieg" genannt werden darf, aber zunehmend russisches Territorium betrifft, wird es schwerer, die Erzählung von Stärke und Kontrolle aufrechtzuerhalten.

Zugleich unterstreicht der Vorfall, wie sehr sich die Kriegsdynamik verschoben hat – auch räumlich. Die Heimat wird Teil des Frontverlaufs. Das bleibt nicht folgenlos – weder für die russische Bevölkerung noch für die politische Stabilität des Regimes.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP