Die Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz hat alle Erwartungen übertroffen – zumindest nach Ansicht der UEFA. „Es war mit Abstand die beste Frauen-EM aller Zeiten“, schwärmte Nadine Keßler, UEFA-Direktorin für Frauenfußball, gegenüber der „Welt“. Die Schweiz sei ein „perfekter Gastgeber“ gewesen, die Begeisterung im Land und über die Grenzen hinweg sei überwältigend.
Mehr als 500 Millionen Zuschauer verfolgten das Turnier an den Bildschirmen. In den Stadien jubelten 657.291 Fans – davon rund 35 Prozent aus dem Ausland. "Es ist völlig neu, dass so viele Fans zu ihrer Nationalmannschaft reisen", sagte Keßler. Besonders bemerkenswert sei der Anstieg der durchschnittlichen Stadionbesucherzahl auf 21.000 bei Spielen ohne Beteiligung des Gastgebers – ein klares Signal für das wachsende internationale Interesse.
Auch sportlich habe sich der Frauenfußball rasant entwickelt. „Innerhalb der europäischen Top 20 werden die Leistungsunterschiede immer geringer“, analysierte Keßler. Die frühere Weltklassespielerin, die in ihrer aktiven Karriere beim VfL Wolfsburg und Turbine Potsdam große Erfolge feierte, erinnerte an die schwierigen Anfänge: "Während meiner Karriere war diese mangelnde Anerkennung das Schwierigste für mich."
Doch trotz aller Euphorie ist das Turnier finanziell noch kein Selbstläufer. Die UEFA rechnet mit Verlusten zwischen 20 und 25 Millionen Euro. Keßler bezeichnet diese jedoch als „Investitionen“. Hintergrund: Die Ausschüttung für die teilnehmenden Teams wurde um 156 Prozent erhöht – von 16 auf 41 Millionen Euro. "Hätten wir das Preisgeld nicht erhöht, wäre das Turnier rentabel gewesen", räumte Keßler ein. Doch für sie zählt die Perspektive: „Damit sich der Sport weiterentwickeln kann – und wir später über eine Rendite sprechen können.“
OZD
OZD-Kommentar:
Diese EM war mehr als ein Fußballturnier – sie war ein gesellschaftliches Signal. Nadine Keßlers Worte sind nicht PR-Floskeln, sondern das Echo einer beispiellosen Entwicklung: Der Frauenfußball ist endgültig auf der großen Bühne angekommen. Volle Stadien, Millionen an Bildschirmen, internationale Reisetätigkeit von Fans – das war bislang fast ausschließlich Männersache. Doch diese EM hat das geändert.
Und dennoch: Die UEFA macht Verluste. Warum? Weil man bewusst in den Sport investiert. 41 Millionen Euro Preisgeld – das ist kein Verlust, das ist ein Statement. Ein starkes. Nur wer wagt, gewinnt langfristig. Und genau das hat die UEFA verstanden. Keßler formuliert es klug – sie spricht von Rendite, aber meint etwas Tieferes: gesellschaftlichen Fortschritt, Sichtbarkeit und Gleichberechtigung. Der Frauenfußball ist nicht mehr aufzuhalten. Wer jetzt noch zögert, wird bald abgehängt.
Lesermeinungen:
„Ich war live im Stadion – die Stimmung war unfassbar. Das ist kein Randphänomen mehr!“ Daniela
„Endlich wird der Frauenfußball ernst genommen. Und das ist auch höchste Zeit.“ Asram
„Ich finde es richtig, dass man Verluste in Kauf nimmt. Das ist eine Investition in unsere Gesellschaft.“ V.
OZD-Analyse
1. Zuschauer- und Fanentwicklung
– Über 500 Millionen TV-Zuschauer
– 657.291 Fans in den Stadien
– 35 % der Fans reisten aus dem Ausland an
– Durchschnittliche Zuschauerzahl pro Spiel ohne Gastgeberland: 21.000
2. Sportliche Bewertung durch die UEFA
a) Spielniveau:
– Geringere Leistungsunterschiede unter den europäischen Top 20
– Mehr Tempo, Athletik und Technik auf dem Platz
b) Anerkennung und Reichweite:
– Keßler: „Das Interesse am Spiel war der größte Unterschied“
– Vergleich zu früheren Turnieren zeigt rasanten Imagewandel
3. Wirtschaftliche Aspekte
– Erwartete Verluste: 20–25 Millionen Euro
– Grund: Erhöhung des Preisgeldes von 16 auf 41 Mio. Euro
– Keßler: „Investition in die Zukunft“
– Ziel: mittelfristige Rentabilität durch mehr Reichweite und Sponsoring
4. Gesellschaftlicher Impuls
– Gleichstellung im Sport wird sichtbarer
– Nationale Fanbewegungen auch im Frauenbereich
– Frauenfußball als wirtschaftlicher und kultureller Wachstumsmarkt
Wer ist Nadine Keßler?
Nadine Keßler ist eine der prägendsten Persönlichkeiten im europäischen Frauenfußball. Die ehemalige Mittelfeldspielerin führte den VfL Wolfsburg zum Champions-League-Sieg und wurde 2014 zur Weltfußballerin des Jahres gekürt. Heute ist sie Direktorin für Frauenfußball bei der UEFA und gilt als eine der einflussreichsten Stimmen für die Entwicklung des Frauenspiels weltweit. Mit strategischem Blick, Charisma und klaren Zielen setzt sie sich für Gleichstellung, Sichtbarkeit und Professionalität im Frauenfußball ein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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