Nach dem Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin in Alaska richten die europäischen Staats- und Regierungschefs den Blick nun auf die Ukraine. „Der nächste Schritt müssen nun weitere Gespräche unter Einbeziehung von Präsident Selenskyj sein“, erklärten Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Großbritanniens Premier Keir Starmer, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, Polens Präsident Andrzej Duda, Finnlands Ministerpräsident Petteri Orpo sowie die EU-Spitzen am Samstag. Trump werde Selenskyj schon bald treffen, hieß es weiter.
Die Europäer boten zudem an, auf einen Dreiergipfel zwischen Trump, Selenskyj und Putin hinzuarbeiten – mit europäischer Unterstützung. Gleichzeitig bekräftigten sie ihre Entschlossenheit, die Sanktionen gegen Moskau nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern weiter zu verschärfen. „Wir werden die Sanktionen und weitere wirtschaftliche Maßnahmen weiter verschärfen, um Druck auf Russlands Kriegswirtschaft auszuüben, bis ein gerechter und dauerhafter Frieden erreicht ist“, hieß es in der Erklärung.
Zugleich machten die europäischen Staats- und Regierungschefs deutlich, dass Russland keinen Einfluss auf die Zukunft der Ukraine haben dürfe. „Russland kann kein Veto gegen den Weg der Ukraine in die EU und die NATO einlegen“, erklärten sie. Die Ukraine müsse unumstößliche Sicherheitsgarantien von ihren westlichen Verbündeten erhalten, um ihre Souveränität und territoriale Integrität dauerhaft verteidigen zu können. Positiv aufgenommen wurde Trumps Aussage, dass die USA bereit seien, solche Garantien zu geben.
Trump und Putin hatten ihr Treffen am Freitag als „produktiv“ bezeichnet, ohne Details preiszugeben. Trump sprach sich allerdings gegen eine sofortige Waffenruhe aus und forderte stattdessen ein direktes Friedensabkommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt unterdessen auf ein persönliches Treffen mit Putin. Trump selbst erklärte, ein Dreiergipfel sei „sehr, sehr wichtig, denn bei diesem Treffen werden sie einen Deal machen“. Putin wiederum sagte, er habe „grundsätzlich nichts“ gegen ein solches Treffen, doch die Voraussetzungen seien noch nicht erfüllt.
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OZD-Kommentar: Auf der Nase tanzen?
Die Europäer wollen Tempo machen, doch die Fronten bleiben verhärtet. Während Merz, Macron und Co. auf eine Beteiligung Selenskyjs drängen, verfolgt Trump sein eigenes Narrativ vom großen „Friedensdeal“. Dass er eine sofortige Waffenruhe ablehnt, schwächt die Position der Ukraine – und spielt Putin in die Karten. Europas Ankündigung, Sanktionen zu verschärfen, wirkt wie ein Versuch, Härte zu demonstrieren, während gleichzeitig die Verhandlungsbereitschaft steigt.
Das Risiko: Die Europäer laufen Gefahr, zwischen Trump und Putin zum Statisten zu verkommen. Wenn der Dreiergipfel tatsächlich kommt, wird entscheidend sein, ob Selenskyj als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen wird – oder ob er nur als Verhandlungsmasse zwischen Washington und Moskau dient.
Es ist kaum zu fassen, wie sich Europa von den Machtspielen zweier egomanischer Alphamänner – Trump und Putin – auf der Nase herumtanzen lässt. Während die einen mit Drohgebärden und Deals ihre Interessen durchboxen, scheint Europa in Schockstarre zu verharren, unfähig, eine gemeinsame, selbstbewusste Linie zu finden.
Trump instrumentalisiert transatlantische Beziehungen wie ein Unternehmer, der nur nach Profit fragt, und Putin spielt geopolitisches Schach mit eiskalter Präzision. Und Europa? Diskutiert, zaudert, verwaltet statt gestaltet.
Wo bleibt die klare Haltung, die strategische Souveränität, das diplomatische Rückgrat? Wenn Europa nicht bald lernt, geschlossen aufzutreten und eigene Interessen entschlossen zu vertreten, wird es weiter zum Spielball fremder Agenden – statt zum Mitspieler auf Augenhöhe.
Es ist Zeit, dass Europa aufwacht. Sonst tanzen andere weiter – und wir zahlen die Musik.
OZD-Analyse:
Europäische Position
a) Forderung nach Selenskyjs Einbindung in die Gespräche.
b) Angebot für einen Dreiergipfel mit Trump und Putin.
c) Bekräftigung der Sanktionen und wirtschaftlichen Maßnahmen.
Sicherheitsgarantien für die Ukraine
a) Klare Ansage: Russland darf kein Veto über EU- oder NATO-Kurs haben.
b) Forderung nach verbindlichen Schutzmechanismen durch die westlichen Partner.
c) Zustimmung zur Ankündigung Trumps, US-Garantien bereitzustellen.
Offene Konfliktlinien
a) Trump gegen sofortige Waffenruhe – setzt auf Gesamtabkommen.
b) Selenskyj fordert direkte Gespräche mit Putin.
c) Putin signalisiert Gesprächsbereitschaft, blockiert aber mit Vorbedingungen.
Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist seit 2019 Präsident der Ukraine. Der frühere Schauspieler und Produzent wurde nach der russischen Invasion 2022 zur Symbolfigur des Widerstands. Er wirbt weltweit um Unterstützung, fordert Waffen, Geld und politische Rückendeckung für sein Land. In Europa gilt er als treibende Kraft für die Annäherung an NATO und EU.
Wer ist Emmanuel Macron?
Emmanuel Macron ist seit 2017 Präsident Frankreichs. Er verfolgt eine stark europäische Agenda, versucht zugleich aber auch, eigene diplomatische Initiativen im Ukraine-Krieg zu setzen. Seine Rolle schwankt zwischen Vermittler und Hardliner – immer mit dem Ziel, Frankreich als zentrale Macht in Europa zu positionieren.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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