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Smotrich setzt umstrittenes Projekt E1 durch - Kommentar: "Schlag ins Gesicht"

Umstrittener Siedlungsbau im Westjordanland von israelischer Behörde genehmigt


Während die israelische Armee ihren Einsatz im Gazastreifen ausweitet, treibt die israelische Regierung den Siedlungsbau im von Israel besetzten Westjordanland voran. Ein dem israelischen Verteidigungsministerium unterstelltes Gremium billigte einen Plan des rechtsextremen israelischen Finanzministers Bezalel Smotrich zur Ausweitung des israelischen Siedlungsbaus, wie der Bürgermeister der Siedlung Maale Adumim, Guj Jifrah, am Mittwoch mitteilte. Das Projekt E1 sieht vor, das Palästinensergebiet in zwei Teile zu spalten. Die Bundesregierung erklärte, sie lehne den Plan "entschieden" ab.

Der Plan sieht den Bau von rund 3400 Wohneinheiten in einem Gebiet östlich von Jerusalem vor. Die Fläche des Gebiets beträgt rund zwölf Quadratkilometer. Die israelische Regierung hatte in der Gegend bereits vor Jahren Siedlungen errichten wollen, dann aber nach internationalem Druck davon abgesehen.

Smotrich stellte seinen Plan in der vergangenen Woche vor und begründete diesen mit den jüngsten Ankündigungen mehrerer Länder, einen palästinensischen Staat anerkennen zu wollen. "Diejenigen, die heute einen palästinensischen Staat anerkennen wollen, werden von uns vor Ort eine Antwort erhalten, in Form von konkreten Tatsachen: Häuser, Stadtviertel, Straßen und jüdische Familien, die ihr Leben aufbauen", sagte der Minister. 

Mehrere Staaten, darunter Frankreich, Großbritannien und Kanada, hatten in den vergangenen Wochen angekündigt, im September einen Palästinenserstaat offiziell anzuerkennen. Die Bundesregierung erklärte am Mittwoch, sie lehne die Genehmigung des israelischen Siedlungsplans für das Westjordanland "entschieden" ab. 

Vizeregierungssprecher Steffen Meyer sagte in Berlin, "der Siedlungsbau verstößt gegen das Völkerrecht und erschwert eine Zweistaatenlösung". Die Zweistaatenlösung sieht die Gründung eines friedlich neben Israel existierenden Palästinenserstaats innerhalb sicherer, anerkannter Grenzen vor.

Der Mitarbeiter der israelischen Nichtregierungsorganisation Ir Amim, Aviv Tatarsky, warf der israelischen Regierung vor, mit der Entscheidung "ein Apartheidregime zu errichten". Israel sei entschlossen, "wie Minister Smotrich es genannt hat, ein strategisches Programm zu verfolgen, um die Möglichkeit eines palästinensischen Staates zu begraben und gewissermaßen das Westjordanland zu annektieren".

Smotrichs Vorstellung des Plans hatte bereits vergangene Woche heftige internationale Kritik ausgelöst. UN-Generalsekretär António Guterres warnte, der Plan würde "der Zweistaatenlösung ein Ende bereiten". Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betonte, das sogenannte Projekt E1 untergrabe "die Zweistaatenlösung weiter" und verstoße gegen das Völkerrecht.

Israel hatte im Sechstagekrieg von 1967 die Kontrolle über das Westjordanland, Ostjerusalem und den Gazastreifen übernommen. Nach internationalem Recht ist die Errichtung israelischer Siedlungen in diesen palästinensischen Gebieten illegal. Trotz Protest aus dem Ausland hat Israel in den vergangenen Jahrzehnten dutzende Siedlungen im Westjordanland gebaut, wo rund 500.000 Israelis neben rund drei Millionen Palästinensern leben. afp


OZD-Kommentar: "Ein Schlag ins Gesicht"

Das Projekt E1 ist kein Bauplan, es ist ein politisches Manifest. Smotrich will Fakten schaffen, die jede Aussicht auf einen palästinensischen Staat zunichtemachen. Mit jedem genehmigten Haus zerbricht die Illusion einer Zweistaatenlösung ein Stück weiter. Während Europa, die UN und selbst Kanadas Regierung warnen, zeigt Jerusalem demonstrativ, dass internationale Kritik keine Konsequenzen hat. Dieser Schritt ist mehr als ein Affront – er ist eine Kampfansage und Schlag ins Gesicht an das Völkerrecht. Wenn Israel das Westjordanland mit Straßen und Wohnblocks zerschneidet, bleibt nur noch ein Flickenteppich übrig, auf dem kein souveräner Staat mehr entstehen kann. Wer heute schweigt, akzeptiert die endgültige Abwicklung der Friedensidee im Nahen Osten.


OZD-Analyse

Hintergrund
– Projekt E1 betrifft 12 km² östlich von Jerusalem.
– Geplant sind 3400 Wohneinheiten, die das Westjordanland in Nord und Süd teilen würden.

Politische Motive
a) Smotrich will auf die internationale Anerkennung eines Palästinenserstaates reagieren.
b) Siedlungsbau soll Fakten schaffen, die irreversibel sind.
c) Politisches Signal: Israel bestimmt die Realität vor Ort, nicht die Diplomatie.

Internationale Reaktionen
– Bundesregierung lehnt entschieden ab, verweist auf Völkerrecht.
– UN-Generalsekretär Guterres warnt vor dem Ende der Zweistaatenlösung.
– EU und Kanada kritisieren ebenfalls massiv.

Konsequenzen
– Zerschneidung des Westjordanlands erschwert Bewegungsfreiheit der Palästinenser.
– Zweistaatenlösung wird faktisch unmöglich.
– Gefahr einer dauerhaften Eskalation mit internationaler Isolierung Israels.

Ausblick
– Weitere Anerkennungen eines Palästinenserstaats im September könnten Israel zu noch drastischeren Schritten treiben.
– Druck auf die USA wächst, eine klare Haltung einzunehmen.


Wer ist Bezalel Smotrich?
Bezalel Smotrich, geboren 1980, ist Israels Finanzminister und Vorsitzender der rechtsextremen Partei „Religiöser Zionismus“. Er gilt als einer der einflussreichsten Siedlungspolitiker des Landes. Smotrich bekennt sich offen zur Ausweitung jüdischer Siedlungen im Westjordanland und lehnt einen Palästinenserstaat strikt ab. Internationale Beobachter sehen in ihm einen Hardliner, der durch seine Politik die Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern massiv verschärft.

Was ist das Projekt E1?
Das Projekt E1 ist ein seit den 1990er Jahren diskutierter israelischer Siedlungsplan zur Bebauung eines Korridors östlich von Jerusalem. Kritiker warnen, dass es das Westjordanland in Nord- und Südteile trennen würde, wodurch ein zusammenhängender palästinensischer Staat unmöglich würde. Wegen massiver internationaler Proteste wurde das Vorhaben mehrfach auf Eis gelegt – bis Smotrich es nun wieder vorantreibt.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.