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Kanzler Merz warnt Israel – Mit Kommentar und Lesermeinung

Die Bundesregierung fordert Israel unmissverständlich auf, die Versorgung im Gazastreifen sicherzustellen. Neben ersten Fortschritten warnt Kanzler Merz vor Konsequenzen – Sanktionen und ein Waffenstopp stehen im Raum.

Die Bundesregierung hat Israel unmissverständlich aufgefordert, eine umfassende humanitäre Versorgung der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen sicherzustellen. Regierungssprecher Stefan Kornelius sprach am Samstag von „leichten Fortschritten“, betonte jedoch, dass diese „bei weitem nicht ausreichen“. Die Notlage der Menschen in Gaza sei weiterhin katastrophal, trotz begonnener Hilfsmaßnahmen über den Luftweg.

Nach Angaben aus deutschen Sicherheitskreisen erreichen derzeit rund 220 Lastwagen täglich den Gazastreifen – doch ein erheblicher Teil der Hilfsgüter werde von der Hamas oder kriminellen Gruppen abgefangen. Die Bundesregierung sieht hier sowohl Israel als auch internationale Organisationen in der Pflicht. Außenminister Johann Wadephul (CDU), der das Sicherheitskabinett telefonisch über seine Nahostreise informierte, ließ laut Regierungskreisen auch über mögliche Druckmittel diskutieren – konkrete Entscheidungen blieben jedoch aus.

Unterdessen werden Forderungen nach Sanktionen gegen Israel innerhalb der Ampel-Koalition und aus der Opposition immer lauter. Die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, forderte einen Waffenstopp und gezielte Sanktionen gegen rechtsextreme Minister wie Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir. Beide stünden international in der Kritik, offen zur Gewalt gegen Palästinenser aufzurufen.

Auch CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schloss sich den Forderungen an – und sprach sich für EU-Sanktionen aus, falls sich Israels Gaza-Politik „nicht sehr schnell ändere“. In diesem Fall müsse auch Deutschland konkrete Maßnahmen ergreifen, so Röttgen. Dazu zähle auch die Aussetzung des Assoziierungsabkommens der EU mit Israel, das an die Einhaltung humanitärer und völkerrechtlicher Verpflichtungen geknüpft ist.

Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte der Bundeswehr am Freitag für ihren Einsatz bei den Airdrops über Gaza gedankt, mahnte jedoch, dass diese Luftlieferungen „nur ein kleiner Beitrag“ zur Linderung des Leids seien. „Wir arbeiten weiter intensiv daran, Hilfe über den Landweg zu ermöglichen“, schrieb Merz auf X.

Zusätzlichen diplomatischen Sprengstoff birgt ein Vorstoß der EU-Kommission, Israels Beteiligung am milliardenschweren Forschungsprogramm „Horizon Europe“ einzuschränken. Betroffen wären vor allem Start-ups in den Bereichen Rüstung, Drohnentechnologie und KI. Während mehrere EU-Länder Zustimmung signalisierten, zögerte Deutschland bislang mit einem klaren Bekenntnis. ozd


OZD-Kommentar - "Dem Freund die Meinung"

Die deutsche Außenpolitik befindet sich im moralischen Drahtseilakt – doch das Seil wird dünner. Was sich im Gazastreifen abspielt, ist nicht mehr mit diplomatischen Floskeln zu beschönigen. Israel trägt Verantwortung – auch als Demokratie – für den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza. Dass nun selbst aus der CDU klare Worte kommen, zeigt, wie sehr der moralische Kredit aufgebraucht ist. Menschen hungern, sterben – und Berlin ringt mit sich selbst. Es geht nicht darum, Israels Existenzrecht infrage zu stellen, sondern um die Einhaltung des Völkerrechts. Wenn Deutschland in Gaza nicht endlich Konsequenzen zieht – bei Waffenexporten, Fördergeldern und politischen Beziehungen – macht es sich selbst unglaubwürdig und auch mitschuldig. Der humanitäre Imperativ duldet keinen Aufschub mehr. Und das Schweigen wird zum Verrat an die Schwächsten.


Lesermeinungen

„Es ist höchste Zeit, dass Deutschland Israel nicht mehr alles durchgehen lässt.“ – Jonas

"Die vornehme und damit bequeme Zurückhaltung hört hoffentlich bald auf"  - Denise 

„Sanktionen gegen einzelne Minister wären ein starkes Zeichen. Aber es muss mehr folgen.“

„Hilfslieferungen werden abgefangen, das ist schlimm – aber Israel muss das durchbrechen, nicht rechtfertigen.“ – Khalid A.


OZD-Analyse

1. Deutschlands Gaza-Kurs wird kritischer
– Regierung fordert stärkere humanitäre Maßnahmen
– 220 Hilfstransporte täglich – doch viele kommen nicht an
– Luftabwürfe bleiben symbolisch, Landhilfe entscheidend

2. Politische Eskalation im Bundestag
a) CDU rückt von bedingungsloser Israel-Solidarität ab –
– Röttgen fordert EU-Sanktionen
– Merz warnt, aber ohne konkrete Schritte
b) Grüne fordern Waffenstopp und Personalsanktionen –
– Druck auf Regierung wächst

3. EU-Debatte über Wirtschaftssanktionen
– Vorschlag zur Einschränkung von „Horizon Europe“-Mitteln
– Fokus auf rüstungsnahe Start-ups
– Deutschland zögert mit Zustimmung


Was ist das EU-Programm „Horizon Europe“?
„Horizon Europe“ ist das zentrale Forschungs- und Innovationsprogramm der EU mit einem Gesamtvolumen von rund 95 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021–2027. Es fördert technologischen Fortschritt, auch in sensiblen Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Cybersicherheit oder Rüstung. Israels Beteiligung ist seit Jahren Teil der EU-Forschungspartnerschaft, wird nun aber aufgrund des Gaza-Kriegs in Teilen infrage gestellt.

Wer ist Itamar Ben Gvir?
Itamar Ben Gvir ist israelischer Minister für nationale Sicherheit und Vorsitzender der rechtsextremen Partei Otzma Jehudit. Er steht international in der Kritik, weil er offen zur Gewalt gegen Palästinenser aufruft und sich gegen einen palästinensischen Staat ausspricht. Trotz zahlreicher Kontroversen bleibt er fester Bestandteil der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.


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