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Großbritannien macht Druck auf Israel: Anerkennung eines Palästinenserstaates rückt näher – Ein längst überfälliges Signal (Kommentar)

Die britische Regierung stellt die Anerkennung eines Palästinenserstaates in Aussicht – als Reaktion auf die anhaltende humanitäre Krise im Gazastreifen und das stockende Friedensprozess.

 Gemeinsam mit Frankreich entsteht damit neuer internationaler Druck auf Israel – und vielleicht endlich echte Bewegung in Richtung einer Zweistaatenlösung.

Was lange als diplomatisches Tabu galt, wird nun zum geopolitischen Hebel: Großbritannien macht ernst und kündigt an, im September einen palästinensischen Staat anzuerkennen – falls Israel bis dahin keine „substanziellen Schritte“ zur Verbesserung der Lage in Gaza unternimmt. Premierminister Keir Starmer spricht Klartext, und das mit gutem Grund. Die internationale Geduld mit der Netanjahu-Regierung ist am Ende, die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen spricht eine Sprache, die sich nicht mehr wegmoderieren lässt.

Frankreich hatte vergangene Woche vorgelegt, nun zieht Großbritannien nach – beide G7-Staaten greifen damit aktiv in die diplomatische Starre des Nahostkonflikts ein. Ihre Botschaft ist eindeutig: Wer sich einer realistischen Zwei-Staaten-Perspektive verweigert, riskiert politische Isolation. Damit wächst auch der Druck auf Deutschland, seine bisher abwartende Haltung zu überdenken.

Zwei-Staatenlösung statt endlosem Krieg
Starmer macht deutlich, dass die Anerkennung nicht bloß Symbolpolitik ist. Sie ist ein Instrument – ein Anstoß, um den festgefahrenen Friedensprozess wieder in Bewegung zu bringen. "Da diese Lösung nun in Gefahr ist, ist es an der Zeit zu handeln", sagt der Premier. Er knüpft klare Bedingungen: Waffenruhe, keine Annexion des Westjordanlands, ein langfristiger Friedensprozess.

Das ist keine Schwächung Israels, wie Kritiker behaupten, sondern eine notwendige Voraussetzung für die Sicherheit beider Seiten – Palästinenser wie Israelis. Der Satz aus London ist ein Statement für Verantwortungsübernahme: Frieden entsteht nicht durch Abwarten, sondern durch politische Entscheidungen. Dazu zählt auch die Notwendigkeit, der palästinensischen Bevölkerung eine glaubwürdige Zukunftsperspektive zu eröffnen – jenseits von Krieg, Besatzung und Blockade.

Zivilgesellschaft unter Dauerbeschuss
Die Zahlen sind erschütternd: Über 60.000 Tote seit Beginn der israelischen Offensive, so die Angaben der Hamas, die nicht unabhängig überprüfbar sind – aber die Dimension der humanitären Krise erahnen lassen. Der Wiederaufbau von Gaza scheint in weiter Ferne, die zivile Infrastruktur ist am Boden, das Gesundheitssystem kollabiert, Hunger greift um sich. Auch deshalb hat Großbritannien nun mit Luftabwürfen von Hilfsgütern begonnen – eine Maßnahme, die Deutschland bald folgen will.

Doch wie Starmer richtig betont: Humanitäre Hilfe allein reicht nicht. Es braucht eine politische Lösung. Und es braucht den Mut, auch unbequeme Schritte zu gehen. Dass die USA unter Donald Trump keine Einwände gegen das britische Vorgehen erhoben, lässt hoffen, dass auch Washington mit einer gewissen Offenheit auf die veränderte Lage blickt.

Israel: Verteidigung oder Blockade?
Israels Außenminister Gideon Saar reagierte erwartungsgemäß scharf. Eine Anerkennung sei „ein Geschenk an die Hamas“, sagte er. Doch diese Sichtweise vermischt bewusst Terrorbekämpfung mit der Verweigerung grundlegender Menschenrechte für Millionen Palästinenser. Wer wirklich an einer langfristigen Sicherheit Israels interessiert ist, muss den Unterschied zwischen der Hamas und der palästinensischen Zivilgesellschaft machen – und letztere endlich als gleichwertigen Partner behandeln.

Die Strategie „Militär statt Diplomatie“ hat das Gegenteil von Stabilität gebracht. Statt Hamas zu schwächen, ist deren Rückhalt im Chaos gewachsen. Eine politische Alternative – in Form eines souveränen Palästinenserstaates mit internationaler Anerkennung – ist der einzige Ausweg aus der Eskalationsspirale.

Deutschland unter Zugzwang
Und Deutschland? Bundeskanzler Friedrich Merz betont zwar die Notwendigkeit einer verhandelten Lösung, lehnt eine Anerkennung aktuell jedoch weiter ab – mit dem Argument, dies könne „nur ein letzter Schritt“ sein. Doch die Realität zeigt: Warten auf perfekte Bedingungen führt zur Stagnation. Vielleicht ist die Anerkennung nicht das Ende eines Prozesses, sondern endlich dessen Anfang.

Fazit:
Die geplante Anerkennung eines Palästinenserstaates durch Großbritannien ist ein mutiger und notwendiger Schritt – nicht gegen Israel, sondern für den Frieden. Die internationale Gemeinschaft darf nicht länger nur reagieren, sie muss gestalten. Die Zweistaatenlösung braucht keine Lippenbekenntnisse mehr, sondern politischen Willen. Starmer und Macron haben diesen nun gezeigt. Deutschland täte gut daran, nicht länger auf der Bremse zu stehen. Es geht um mehr als Diplomatie – es geht um Menschenleben.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: dpa/AFP/X