Kaum eine Woche nach der gemeinsamen Erklärung der USA und der EU zum Abbau von Handelsstreitigkeiten hat US-Präsident Donald Trump neue Drohungen gegen europäische Länder ausgesprochen. Hintergrund sind die strengen Digitalgesetze, mit denen Brüssel und einzelne Staaten die Macht amerikanischer Technologiekonzerne einschränken wollen.
„Digitale Steuern, Gesetze zu digitalen Diensten und Vorschriften für digitale Märkte zielen alle darauf ab, amerikanischer Technologie zu schaden oder sie zu benachteiligen“, schrieb Trump am Montag auf seiner Plattform Truth Social. Er warnte, dass Washington „erhebliche zusätzliche Zölle“ auf Produkte jener Länder erheben werde, die solche Regelungen nicht zurücknehmen. Zudem drohte er mit Exportbeschränkungen für US-Technologie und Chips. „Die USA sind nicht länger das Sparschwein oder der Fußabtreter der Welt“, so der Präsident.
Die Attacken richten sich vor allem gegen die Europäische Union. Mit dem Digital Markets Act (DMA) sollen marktbeherrschende Konzerne wie Apple, Google oder Meta gezwungen werden, sich an europäische Wettbewerbsregeln zu halten. Der Digital Services Act (DSA) verpflichtet Plattformen zudem, konsequenter gegen illegale Inhalte, Hassrede und Falschinformationen vorzugehen. Gegen mehrere US-Konzerne laufen bereits Verfahren, auch der Onlinedienst X von Elon Musk ist betroffen.
Die EU-Kommission wies Trumps Drohungen am Dienstag zurück. Sprecherin Paula Pinho betonte, die EU-Länder hätten „ein souveränes Recht“, wirtschaftliche Aktivitäten zu regulieren. Die Vereinbarung mit den USA vom Juli, die Zölle auf EU-Importe bei 15 Prozent festlegt, sei davon nicht berührt. Handelskommissar Maros Sefkovic hatte bereits zuvor erklärt, dass die europäische Digitalgesetzgebung bewusst aus den Verhandlungen herausgehalten worden sei.
Trotzdem bergen die neuen Drohungen Sprengstoff für das transatlantische Verhältnis. Erst Ende Juli hatten Brüssel und Washington ein gemeinsames Abkommen vorgestellt, das für mehr Stabilität im Handelsstreit sorgen sollte. Nun droht Trump den Konflikt wieder eskalieren zu lassen – diesmal wegen des digitalen Ordnungsrahmens Europas.
OZD
OZD-Kommentar
Trump macht erneut deutlich, dass er die EU nicht als Partner, sondern als Rivalen betrachtet. Seine Drohung, europäische Produkte mit Zöllen zu belegen, ist nichts anderes als ein Versuch, politische Entscheidungen in Brüssel zu sabotieren. Es ist der Versuch, den europäischen Rechtsrahmen der Digitalwirtschaft zu diktieren, indem man ökonomischen Druck ausübt. Doch Europa darf sich hier nicht erpressen lassen – die Regulierung der Digitalgiganten ist für den Schutz von Verbrauchern und den fairen Wettbewerb zentral. Ein Rückzug würde bedeuten, den großen Konzernen grenzenlose Macht zu gewähren. Die EU muss standhaft bleiben, auch wenn dies einen neuen Handelskrieg mit den USA riskiert.
Lesermeinungen
„Europa darf sich nicht einschüchtern lassen. Wir brauchen diese Regeln für fairen Wettbewerb.“ Andre Geldermann
„Trump wird immer aggressiver. Erst Zölle auf Autos, jetzt auf alles Digitale – wohin führt das noch?“ Dennis Geldermann
„Die EU sollte stärker mit Asien zusammenarbeiten, um nicht ständig von den USA abhängig zu sein.“ Beate Lange, Coesfeld
OZD-Lernen
1. OZD-Analyse
Fakten
Trump droht Ländern mit Digitalgesetzen mit neuen Strafzöllen.
Zielscheibe ist vor allem die EU mit ihrem DMA und DSA.
Brüssel betont souveränes Recht, eigene Regeln aufzustellen.
Konflikt droht, obwohl erst kürzlich ein Zollabkommen geschlossen wurde.
Bewertung
a) Politisch
– Trump setzt auf Konfrontation, um die Interessen der US-Techindustrie durchzusetzen.
– EU verteidigt regulatorische Autonomie als Kern ihrer Souveränität.
b) Wirtschaftlich
– Neue Zölle würden europäischen Exporteuren massiv schaden.
– US-Konzerne fürchten Milliardenstrafen und Einschränkungen durch europäische Gesetze.
c) Diplomatisch
– Gefahr einer erneuten Eskalation im transatlantischen Verhältnis.
– Mögliches Signal an andere Märkte: Wer US-Hightech einschränkt, wird bestraft.
Ausblick
Europa muss entscheiden, ob es Konfrontation oder Kompromiss sucht.
Ein Handelskrieg würde nicht nur die EU treffen, sondern auch US-Unternehmen selbst.
Klar ist: Die Digitalpolitik wird zu einem der wichtigsten Schlachtfelder im globalen Machtkampf zwischen den USA und Europa.
2. OZD-Erklärungen
Was ist der Digital Markets Act (DMA)?
Der Digital Markets Act ist ein Gesetz der Europäischen Union, das im Mai 2023 in Kraft trat. Er richtet sich an sogenannte „Gatekeeper“ – also Konzerne, die den Zugang zu digitalen Märkten weitgehend kontrollieren. Ziel ist es, Monopole zu verhindern und mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Große Plattformen müssen Schnittstellen öffnen, dürfen eigene Dienste nicht bevorzugen und riskieren bei Verstößen Milliardenstrafen.
Was ist der Digital Services Act (DSA)?
Der Digital Services Act ist ein EU-Gesetz, das seit Februar 2024 vollständig gilt. Es verpflichtet Plattformen wie Facebook, X oder TikTok, illegale Inhalte schneller zu entfernen, Transparenzberichte vorzulegen und Risiken für Nutzer, etwa durch Desinformation oder jugendgefährdende Inhalte, zu minimieren. Bei Verstößen drohen hohe Geldstrafen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.