Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen
QR-Code zu www.online-zeitung-deutschland.de

Merz im Machtpoker

Merz ist in Washington eingetroffen, um mit US-Präsident Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj über eine mögliche Friedenslösung für die Ukraine zu verhandeln.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat am Montag das Weiße Haus betreten, wo er gemeinsam mit weiteren europäischen Spitzenpolitikern an einem Ukraine-Gipfel mit US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj teilnimmt. Trump hatte Selenskyj zuvor zu einem bilateralen Gespräch empfangen, um die Chancen auf ein Ende des seit dreieinhalb Jahren andauernden Krieges zu erörtern. Erst im Anschluss wurde die Gesprächsrunde um die europäischen Vertreter erweitert.

Selenskyj forderte im Vorfeld einen „zuverlässigen und dauerhaften Frieden für die Ukraine und Europa“. Trump hingegen setzt nach seinem Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin in Alaska den ukrainischen Präsidenten unter Druck. Der US-Präsident fordert weitreichende Gebietsabtretungen an Russland und erklärte auf seinem Onlinedienst Truth Social, Selenskyj könne den Krieg „fast sofort beenden“, wenn er wolle.

Die Positionen zwischen Washington und den Europäern klaffen weit auseinander. Während Putin die vollständige Kontrolle über den Donbass beansprucht, wollen die Europäer eine Lösung ohne Kapitulation der Ukraine. Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, der britische Premier Keir Starmer sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollen verhindern, dass es erneut zu einem diplomatischen Eklat zwischen Trump und Selenskyj kommt, wie es bereits im Februar geschehen war. Damals hatte Trump Selenskyj mangelnde Dankbarkeit vorgeworfen und ihn beschuldigt, mit dem „Dritten Weltkrieg“ zu spielen.

In Washington ist die Lage angespannt. Die sogenannten „Koalition der Willigen“, zu der auch Deutschland gehört, hofft auf eine einheitliche westliche Linie. Doch Trump macht deutlich, dass er über die Zukunft der Ukraine nur zu seinen Bedingungen verhandeln will.

OZD


OZD-Kommentar

Die Bühne im Weißen Haus ist mehr als ein Treffen – sie ist ein Machtkampf um die Zukunft Europas. Trump spielt mit maximalem Druck, während Selenskyj gezwungen wird, das Undenkbare zu erwägen: die Abgabe eigener Gebiete an Russland. Merz und die Europäer laufen Gefahr, in Washington nur Statisten in einem Drehbuch zu sein, das allein Trump und Putin schreiben. Wer glaubt, dass eine „schnelle Lösung“ Frieden bringt, verkennt, dass jede erzwungene Abtretung nur den nächsten Konflikt vorbereitet. Europas Rolle darf sich nicht auf Zuschauerbänke beschränken – sonst wird das Schicksal der Ukraine hinter verschlossenen Türen besiegelt.


Lesermeinungen

„Trump zwingt Selenskyj zu Kapitulation. Das ist kein Frieden, das ist Erpressung – und Europa darf da nicht mitmachen.“ v. Tillmann

„Endlich nimmt jemand das Heft in die Hand. Wenn Gebietsabtretungen nötig sind, dann ist es besser, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen, als noch Jahre Blutvergießen.“ Sascha Holtmann 

„Merz muss Haltung zeigen. Wenn Deutschland wirklich Führungsanspruch erhebt, dann darf es sich nicht von Trump vorführen lassen, sondern eigene Garantien für die Ukraine auf den Tisch legen.“ Volker Ibsen 


OZD-Analyse

Bedeutung des Gipfels
– Das Treffen im Weißen Haus ist ein Schlüsselmoment für die Ukraine-Frage.
– Trump setzt auf bilaterale Stärke und will die Europäer erst im Nachgang einbinden.
– Selenskyj steht massiv unter Druck, nachdem Trump von Gebietsabtretungen als Bedingung für Frieden sprach.


Positionen der Akteure
a) USA
– Trump will einen schnellen Deal, auch auf Kosten ukrainischer Souveränität.
– Er schließt eine Rückgabe der Krim und einen NATO-Beitritt aus.
– Seine Strategie: Frieden durch Druck, nicht durch Verhandlungen auf Augenhöhe.

b) Europa

– Merz, Macron, von der Leyen und Meloni wollen verhindern, dass die Ukraine von den USA geopfert wird.

– Ihre Position: Frieden ja, aber ohne Kapitulation.

– Europa kämpft um Mitsprache, hat aber weniger Machtmittel.

c) Russland
– Putin beharrt auf dem Donbass und will die Kontrolle über weitere Gebiete.
– Er profitiert vom Druck, den Trump auf Selenskyj ausübt.

Ausblick
– Der Gipfel entscheidet über die Richtung: Entweder ein erzwungener Deal unter Trump, oder ein diplomatisches Tauziehen, in dem Europa mehr Gewicht einfordert.
– Die Gefahr: Ein Frieden auf Kosten der Ukraine wäre instabil und würde langfristig neue Konflikte entfachen.


Was ist die „Koalition der Willigen“?
Die „Koalition der Willigen“ bezeichnet eine lose Gruppe von Staaten, die in sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen besonders eng zusammenarbeiten. Sie agieren häufig als Vorreiter innerhalb der EU oder NATO, um Initiativen voranzutreiben, die nicht von allen Mitgliedern getragen werden. Im Ukraine-Krieg bedeutet dies, dass diese Staaten – darunter Großbritannien, Frankreich und Deutschland – die militärische und diplomatische Unterstützung Kiews koordinieren.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.