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Kampf gegen Kriminalität: Justizministerin Hubig setzt auf Vorratsdatenspeicherung

Stefanie Hubig (SPD) will die Vorratsdatenspeicherung zurückbringen. IP-Adressen und Portnummern sollen künftig drei Monate gespeichert werden – angeblich ohne Bewegungsprofile.

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat angekündigt, schon im Herbst einen neuen Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen. „Wir sind mit dem Gesetzentwurf in meinem Haus schon weit fortgeschritten“, sagte sie dem Handelsblatt. Vorgesehen sei, dass Telekommunikationsanbieter IP-Adressen und Portnummern künftig drei Monate speichern müssen, um Ermittlern ein wirksames Werkzeug gegen schwere Kriminalität an die Hand zu geben.

Seit 2017 wird die Vorratsdatenspeicherung wegen rechtlicher Unsicherheiten nicht mehr genutzt. Hubig betonte, ihr Ministerium stimme sich eng mit dem Innen- und dem Digitalministerium ab. Die geplante Neuregelung sei so ausgestaltet, dass sie mit europäischem Recht und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vereinbar sei. Standortdaten oder andere Verkehrsdaten würden nicht gespeichert, betonte Hubig. „Eine Bildung von Bewegungs- oder Persönlichkeitsprofilen ist ausgeschlossen.“

Die Ministerin verteidigte ihr Vorhaben mit Verweis auf die Notwendigkeit für Polizei und Staatsanwaltschaften. „Insbesondere unsere Strafverfolgungsbehörden brauchen dieses Instrument“, erklärte sie. Anders als viele Kritiker halte sie das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren, bei dem Daten erst nach richterlichem Beschluss gesichert werden, für unzureichend. „Ich habe die Speicherung immer befürwortet – auch aus meiner Erfahrung als Staatsanwältin heraus.“

In der vergangenen Legislaturperiode war ein Gesetzentwurf zur Einführung eines Quick-Freeze-Verfahrens vorbereitet, wegen des Endes der Ampelkoalition jedoch nicht mehr verabschiedet worden. Nun will Hubig schnell Klarheit schaffen und setzt auf die Rückkehr der Vorratsdatenspeicherung in abgespeckter Form.

OZD


OZD-Kommentar

Die Rückkehr der Vorratsdatenspeicherung ist ein hochumstrittenes Signal. Hubig verkauft sie als gezielte Maßnahme ohne Bewegungsprofile, doch Kritiker werden sofort einwenden, dass auch die Speicherung von IP-Adressen einen massiven Eingriff in die Privatsphäre darstellt. Dass die Ministerin ausgerechnet jetzt Tempo macht, zeigt die Nervosität im Sicherheitsapparat. Die Frage ist: Wird die SPD-Ministerin ihre Pläne gegen den Widerstand von Bürgerrechtlern und Teilen der Opposition durchbringen? Die Geschichte lehrt, dass Vorratsdatengesetze in Deutschland oft vor Gerichten scheitern – auch diesmal dürfte ein jahrelanger Rechtsstreit vorprogrammiert sein.


Lesermeinungen

"Endlich bewegt sich was – die Polizei braucht diese Daten, sonst lachen sich Kriminelle ins Fäustchen." – Markus Pohlmann, Düsseldorf
"Das ist der nächste Angriff auf unsere Freiheit, egal ob sie es kleinreden oder nicht." – Claudia Wenniung, Berlin
"Drei Monate Speicherung klingt harmlos, aber das ist der Türöffner für viel mehr Überwachung." – Jens Hebestreit, Leipzig


OZD-Analyse

Rechtlicher Hintergrund
– Vorratsdatenspeicherung seit 2017 faktisch außer Kraft.
– Bisherige Gesetze scheiterten an Verfassungs- und Europarecht.
– Neue Variante soll auf drei Monate IP-Speicherung begrenzt sein.

Politische Dimension
– SPD-Ministerin Hubig prescht vor, während Grüne und Liberale traditionell skeptisch sind.
– Union drängt seit Jahren auf eine „harte“ Regelung.
– Bürgerrechtsorganisationen laufen Sturm gegen jede Form der Speicherung.

Ausblick
– Gesetzentwurf noch im Herbst erwartet.
– Hohe Wahrscheinlichkeit, dass Kritiker erneut vor Gericht ziehen.
– Ob die Justiz diesmal eine schlankere Variante durchwinkt, bleibt ungewiss.

OZD-Erklärungen


Was ist Vorratsdatenspeicherung?
Unter Vorratsdatenspeicherung versteht man die anlasslose Speicherung von Telekommunikationsdaten durch Anbieter. Ermittlungsbehörden können bei Bedarf darauf zugreifen, etwa zur Aufklärung schwerer Straftaten. In Deutschland wurden entsprechende Gesetze mehrfach vom Bundesverfassungsgericht und vom Europäischen Gerichtshof kassiert, weil sie Grundrechte verletzten.

Die Vorratsdatenspeicherung ist die anlasslose Speicherung personenbezogener Kommunikationsdaten durch Anbieter von Telefon- und Internetdiensten. Das bedeutet, dass viele Daten – etwa wer mit wem, wann, wie lange und von welchem Ort aus telefoniert oder im Internet unterwegs ist – für eine bestimmte Zeit aufbewahrt werden, ohne dass ein konkreter Verdacht bestehen muss.

Die Speicherung umfasst vor allem Verbindungsdaten wie Telefonnummern, IP-Adressen, Zeitpunkte und Standortinformationen, aber nicht die eigentlichen Inhalte von Gesprächen oder Nachrichten. Diese Daten werden normalerweise für vier bis zehn Wochen bei den Telekommunikationsanbietern gespeichert. Bei Bedarf, etwa im Rahmen der Strafverfolgung, können Ermittlungsbehörden auf diese Daten zugreifen. Der Zugriff erfolgt in der Regel nur mit richterlicher Anordnung.

Das Ziel ist, schwere Straftaten schneller aufklären und verhindern zu können. Dabei bleibt allerdings jeder Bürger betroffen, nicht nur Verdächtige. Die Vorratsdatenspeicherung ist umstritten, da sie tief in die Privatsphäre eingreift und von Gerichten mehrfach wegen möglicher Grundrechtsverletzungen beanstandet wurde. Aktuell wird das Thema weiterhin rechtlich und politisch diskutiert und ist nicht dauerhaft umgesetzt.


Wer ist Stefanie Hubig?
Stefanie Hubig, geboren 1968, ist Juristin und SPD-Politikerin. Bevor sie Bundesjustizministerin wurde, war sie Justizministerin in Rheinland-Pfalz. Sie gilt als pragmatisch und durchsetzungsstark, betont ihre Erfahrung als Staatsanwältin und tritt für eine Stärkung der Sicherheitsbehörden ein.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.