Lothar Matthäus hat Bundestrainer Julian Nagelsmann vor Beginn der WM-Qualifikation deutlich zur Zurückhaltung bei taktischen Experimenten aufgefordert. „Die Zeit der Experimente muss endlich vorbei sein – sowohl in Sachen Taktik wie auch beim Personal“, sagte der 63-Jährige der Sport Bild. „Die Mannschaft muss sich einspielen.“
Nach Ansicht des ehemaligen Weltmeisters sollte auch das vermeintlich leichtere Spiel gegen Luxemburg genutzt werden, „um Abläufe zu festigen“. Matthäus warnte: „Nur wer eine klare Linie und Struktur hat, wird bei großen Turnieren erfolgreich sein.“
Nagelsmann muss zum Quali-Start allerdings gleich auf mehrere Stammkräfte verzichten. Neben Torhüter Marc-André ter Stegen fehlen Jamal Musiala, Antonio Rüdiger, Kai Havertz und Tim Kleindienst verletzungsbedingt. Stürmer Nick Woltemade stieß wegen eines grippalen Infekts verspätet zum Team.
In der Systemfrage hat Matthäus ebenfalls eine klare Meinung. Er plädiert für ein 3-4-2-1-System – „ähnlich der erfolgreichen Formation von Bayer Leverkusen unter Xabi Alonso“. Klassische Flügelspieler hält er dagegen für überholt: „Leroy Sané und Chris Führich kommen dort selten zum Einsatz. Serge Gnabry ist inzwischen eher ein zentraler Spieler und fühlt sich dort wohler.“
Matthäus’ Mahnung kommt nicht von ungefähr: Seit seinem Amtsantritt probierte Nagelsmann verschiedene Formationen aus und rotierte in der Offensive mehrfach. Nun steht der Bundestrainer vor der Aufgabe, aus einem großen Kader ein stabiles Gerüst zu formen.
OZD-Kommentar:
Matthäus hat recht – und er spricht aus, was viele denken. Die Nationalelf braucht endlich Kontinuität. Ständige Wechsel mögen kurzfristig überraschen, aber sie zerstören das Vertrauen der Spieler untereinander. Wenn Nagelsmann die WM-Qualifikation nutzt, um wieder zu testen statt zu festigen, droht ein Déjà-vu der letzten Turniere. Die Fans wollen kein Versuchslabor, sie wollen ein Team, das wieder als Einheit auftritt.
Mini-Infobox:
Kritiker: Lothar Matthäus (Rekordnationalspieler)
Adressat: Bundestrainer Julian Nagelsmann
Forderung: Ende der taktischen und personellen Experimente
Empfohlenes System: 3-4-2-1 mit Schienenspielern
Nächste Spiele: Luxemburg (Fr), Nordirland (Mo)
OZD-Analyse:
Matthäus’ Botschaft
– Die Nationalelf muss endlich ein klares taktisches Fundament finden.
– Zu viele Wechsel hemmen das Zusammenspiel und die Automatismen.
Nagelsmanns Herausforderung
– a) Verletzungswelle erschwert Planung und Kontinuität.
– b) Ein festes System könnte Stabilität bringen, birgt aber Risiko bei Ausfällen.
– c) Integration neuer Spieler wie Woltemade oder Brown erfordert Fingerspitzengefühl.
Das größere Bild
– Deutschland sucht nach der Ära Löw und Flick noch immer seine Identität.
– Erfolg hängt nun davon ab, ob Nagelsmann den Spagat zwischen Experiment und Eingespieltheit schafft.
Wer ist Lothar Matthäus?
Lothar Matthäus, geboren 1961 in Erlangen, ist mit 150 Einsätzen Deutschlands Rekordnationalspieler. Der Weltmeister von 1990 gilt als einer der größten deutschen Fußballer der Geschichte. Nach seiner aktiven Karriere arbeitet er als TV-Experte und gilt als scharfer Analytiker des DFB-Teams.
Was ist das 3-4-2-1-System?
Das 3-4-2-1-System setzt auf drei Innenverteidiger, zwei offensive Schienenspieler und eine Doppel-Zehn hinter einer zentralen Spitze. Es bietet Stabilität in der Defensive und Flexibilität im Angriff – ein System, das besonders bei Pressingteams wie Bayer Leverkusen große Erfolge feierte.
OZD-Extras:
Bonus: Matthäus’ Kritik ist kein Zufall – schon vor der EM hatte er Nagelsmanns ständige Systemwechsel als „Selbstsabotage“ bezeichnet. Jetzt erwartet er endlich Klarheit auf dem Weg zur WM.**
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.