Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Disziplinarmaßnahme gegen den BND-Professor Martin Wagener wegen rassistisch konnotierter Aussagen in seinem Buch „Kulturkampf um das Volk“ bestätigt. Der Beamte habe mit der Unterscheidung zwischen „Deutschen mit und ohne ausländische Wurzeln“ gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen, erklärten die Richter am Donnerstag (Az. 2 A 6.24).
Wagener, der an der Hochschule des Bundes Anwärterinnen und Anwärter des Bundesnachrichtendiensts unterrichtet, hatte in seinem 2021 erschienenen Buch unter anderem über Deutsche mit türkischen Wurzeln geschrieben, sie blieben „in ihrem Herzen zuerst Türken“ und könnten sich nicht patriotisch zu Deutschland bekennen.
Der BND hatte nach Veröffentlichung des Buchs ein rechtliches Gutachten eingeholt und anschließend ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Im Mai 2024 wurde entschieden, Wageners Bezüge für zwei Jahre um ein Zehntel zu kürzen. Die Richter bestätigten nun diese Maßnahme: Seine Aussagen führten eine „ethnisch-kulturelle Kategorie“ ein, die das Grundgesetz bewusst vermeide, und bewirkten eine „Abstufung deutscher Staatsangehöriger“.
Wagener hatte sich auf seine Wissenschaftsfreiheit berufen, doch das Gericht wies diese Argumentation zurück. Beamte müssten sich so verhalten, dass das für ihre Amtsausübung notwendige Vertrauen nicht beeinträchtigt werde. Das Vertrauen von Dienstherr und Studierenden sei in diesem Fall „nachhaltig geschädigt“. Wageners Klage gegen die Disziplinarmaßnahme wurde daher abgewiesen.
OZD-Kommentar:
Das Urteil aus Leipzig ist ein klares Signal: Wer im Staatsdienst steht,
trägt Verantwortung für das gesellschaftliche Klima – auch jenseits des
Hörsaals. Wageners Versuch, ein ethnisches Verständnis von
„Deutschsein“ zu etablieren, ist nicht nur rechtlich problematisch,
sondern politisch brandgefährlich. Der Fall zeigt, dass akademische
Freiheit kein Freifahrtschein für Diskriminierung ist. Beamte, die das
Grundgesetz lehren, müssen es auch leben.
Mini-Infobox:
Urteil: Bundesverwaltungsgericht Leipzig (Az. 2 A 6.24)
Disziplinarmaßnahme: Kürzung der Bezüge um 10 % für zwei Jahre
Grund: Verletzung beamtenrechtlicher Pflichten
Buch: „Kulturkampf um das Volk“ (2021)
Institution: Hochschule des Bundes, Ausbildung für den BND
OZD-Analyse:
Rechtliche Bewertung
– Verletzung der beamtenrechtlichen Neutralitätspflicht.
– Wissenschaftsfreiheit endet dort, wo Diskriminierung beginnt.
– Gericht stärkt die Verantwortung von Beamten im Bildungsdienst.
Gesellschaftliche Dimension
– a) Wageners Aussagen untergraben Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.
– b) Gefahr der Spaltung nach Herkunft und Abstammung.
– c) Signalwirkung für öffentliche Institutionen: Nulltoleranz gegenüber Diskriminierung.
Politische Implikationen
– Fall zeigt wachsende Sensibilität im öffentlichen Dienst.
– Diskurs um Identität und Zugehörigkeit bleibt hochpolitisch.
– Urteil stärkt Grundwerte der Verfassung: Gleichheit und Menschenwürde.
Wer ist Martin Wagener?
Martin Wagener ist Professor an der Hochschule des Bundes für
öffentliche Verwaltung, wo er unter anderem Lehrveranstaltungen für den
Bundesnachrichtendienst (BND) betreut. Bekannt wurde er durch sein Buch „Kulturkampf um das Volk“ (2021), in dem er eine umstrittene, ethnisch geprägte Definition von nationaler Identität propagierte.
Was ist das Bundesverwaltungsgericht?
Das Bundesverwaltungsgericht mit Sitz in Leipzig ist die höchste Instanz
für Verwaltungsstreitigkeiten in Deutschland. Es entscheidet über
Klagen zwischen Bürgern und Behörden sowie über Disziplinarverfahren
gegen Beamte.
OZD-Extras:
Bonus: Das Urteil
könnte als Präzedenzfall für den Umgang mit diskriminierenden Äußerungen
von Lehrpersonal im öffentlichen Dienst dienen – auch über den
Sicherheitsbereich hinaus.**
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.