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Frankreich: Nationalversammlung debattiert über Misstrauensanträge gegen Regierung Lecornu

In Paris hat die französische Nationalversammlung mit der Debatte über zwei Misstrauensanträge gegen Premierminister Lecornu begonnen.

In der französischen Nationalversammlung in Paris hat am Donnerstag die Debatte über zwei Misstrauensanträge gegen die neue Regierung von Premierminister Sébastien Lecornu begonnen. Die politische Stimmung in Frankreich ist angespannt – theoretisch könnte die erst kürzlich ernannte Regierung durch die Abstimmungen zu Fall gebracht werden.

Die Fraktionschefin des Rassemblement National (RN), Marine Le Pen, kündigte entschlossen an: „Wir stimmen ohne zu zögern für den Misstrauensantrag.“ Mit Blick auf den Haushaltsentwurf erklärte sie, dieser sei „hoffentlich der letzte Akt eines politischen Systems, das am Ende seiner Kräfte ist“. Le Pen erneuerte ihre Forderung nach Neuwahlen und griff die Regierung scharf an.

Premierminister Lecornu, Mitglied der Präsidentenpartei Renaissance, sprach von einem „Moment der Wahrheit“. „Wollen wir die republikanische Ordnung wahren und debattieren – oder wollen wir das Chaos?“, fragte er in Richtung der rechten und linken Opposition.

Analysten halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass einer der beiden Misstrauensanträge eine Mehrheit findet. Die Sozialistische Partei (PS) hat angekündigt, keinen der Anträge zu unterstützen – nachdem Lecornu die umstrittene Rentenreform ausgesetzt hatte. Damit konnte der Premier die Sozialisten zumindest vorerst auf Abstand zum Oppositionsbündnis halten.

Trotzdem wächst der Druck: Der sozialistische Abgeordnete Laurent Baumel forderte von der Regierung „weitere soziale Zugeständnisse“, insbesondere bei der Besteuerung der Reichen. Einige PS-Abgeordnete – bisher sechs – erklärten, sie würden den Antrag der linken Partei La France Insoumise (LFI) unterstützen.

Auch der Rassemblement National will den Antrag der LFI unterstützen, doch umgekehrt gilt das nicht. Damit könnte, wenn überhaupt, nur der Antrag der LFI eine Mehrheit erreichen. Nach etwa zweieinhalb Stunden Debatte soll über diesen Antrag zuerst abgestimmt werden – entscheidend sind allein die Ja-Stimmen.

Der Chef der Sozialisten, Olivier Faure, zeigte sich zuversichtlich, dass die Parteidisziplin weitgehend halten werde. Eine Mehrheit gegen die Regierung sei nur möglich, wenn rund zwei Dutzend Sozialisten ausscherten. Auch bei den konservativen Republikanern, die grundsätzlich das Regierungslager stützen, wollen laut Parteikreisen zwei bis drei Abgeordnete für den Misstrauensantrag stimmen.

Der LFI-Vorsitzende Manuel Bompard warf den Sozialisten „Verrat an der gemeinsamen Sache“ vor und forderte seine ehemaligen Verbündeten auf, „den Mut zum Ungehorsam“ zu zeigen.

Seit den Neuwahlen im Sommer 2024 ist die französische Nationalversammlung in drei verfeindete Lager gespalten – keines davon mehrheitsfähig. Die derzeitige politische Lage zeigt eindrucksvoll, wie instabil die parlamentarische Basis der Regierung Lecornu ist. Selbst wenn die Misstrauensanträge scheitern, dürfte die politische Krise in Frankreich damit nicht beendet sein.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.

Foto: dpa