Im Fall der mutmaßlichen Sabotage der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee hat ein italienisches Berufungsgericht erneut die Auslieferung eines Verdächtigen nach Deutschland angeordnet. Bei dem Mann handelt es sich um den Ukrainer Serhii K., der als möglicher Drahtzieher der Explosionen im September 2022 gilt. Sein Anwalt, Nicola Canestrini, bestätigte am Montag die Entscheidung und kündigte umgehend an, dagegen erneut Berufung einzulegen.
Serhii K. sitzt seit zwei Monaten in Italien in Untersuchungshaft. Bereits im September hatte ein Gericht in Bologna die Auslieferung befürwortet, die Entscheidung wurde jedoch vom Kassationsgericht – der höchsten italienischen Instanz – wegen Verfahrensfragen aufgehoben. Nun muss das Kassationsgericht erneut über den Fall entscheiden. Mit einer Anhörung wird innerhalb eines Monats gerechnet.
Die Nord-Stream-Pipelines, die russisches Gas nach Deutschland transportieren sollten, waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb. Russland hatte kurz zuvor die Gaslieferungen über Nord Stream 1 eingestellt, während Nord Stream 2 nie den Betrieb aufnahm. Der Anschlag gilt weiterhin als geopolitisch hochsensibel – Verantwortlichkeiten und Motive werden international kontrovers diskutiert.
Kommentar:
Die neue Entscheidung aus Bologna zeigt, wie komplex die juristischen und politischen Dimensionen des Nord-Stream-Falles sind. Die Ermittler konzentrieren sich seit Monaten auf ein Netzwerk möglicher Beteiligter – doch endgültige Klarheit fehlt weiterhin. Dass die Verteidigung erneut vor das Kassationsgericht zieht, unterstreicht: Die Frage, ob Serhii K. tatsächlich ausgeliefert wird, bleibt offen. Der Fall ist längst mehr als nur ein Strafverfahren – er ist Teil eines internationalen Machtkampfs, in dem Energie, Sicherheit und geopolitische Interessen untrennbar verbunden sind.
OZD
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