Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Verantwortung für ein Ende des Ukraine-Kriegs erneut dem Westen und Kiew zugeschoben. Bei seiner traditionellen Jahres-Pressekonferenz in Moskau erklärte er, „der Ball liege nun ganz bei unseren westlichen Gegnern“. Gleichzeitig betonte Putin seine grundsätzliche Bereitschaft, zu verhandeln und den Konflikt „mit friedlichen Mitteln zu beenden“ – eine Aussage, die er mit neuer militärischer Drohkulisse flankierte.
Putin behauptete, Russland habe im Rahmen eines von den USA vorgelegten Plans bereits „Kompromisse“ akzeptiert. Für die Millionen Opfer des Krieges übernahm der Kreml-Chef jedoch erneut keine Verantwortung. Russland habe den Krieg nicht begonnen, sagte Putin, obwohl der Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 international eindeutig Moskau zugeschrieben wird.
Statt Deeskalation dominierte inhaltlich erneut militärischer Triumphismus. Putin lobte die jüngsten Gebietsgewinne der russischen Armee und erklärte, die Truppen rückten entlang der gesamten Frontlinie vor. Der Gegner ziehe sich zurück, weitere Erfolge seien bis Jahresende zu erwarten. Dabei nannte er mehrere ukrainische Städte, die Russland ins Visier genommen habe – ein klares Signal, dass Moskau seine militärischen Ziele nicht aufgegeben hat.
Scharfe Töne schlug Putin auch gegenüber der Europäischen Union an. Für den Fall, dass eingefrorene russische Vermögen zur Finanzierung der Ukraine genutzt würden, drohte er mit „schweren Konsequenzen“. Die Nutzung dieser Gelder bezeichnete er als „Raub“. Gleichzeitig spielte er Sorgen über eine Abkühlung der russischen Wirtschaft herunter und erklärte, diese sei stabil.
Die Aussagen fielen vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung der EU-Staaten, der Ukraine zinslose Kredite in Höhe von 90 Milliarden Euro bereitzustellen. Aufgrund politischer Widerstände wird das Geld vorerst aus dem EU-Haushalt finanziert. Putins Pressekonferenz, die jährlich streng kontrolliert stattfindet, dient traditionell der Selbstdarstellung des Kremls – und wurde auch diesmal genutzt, um Verhandlungsbereitschaft zu suggerieren, ohne echte Zugeständnisse erkennen zu lassen. OZD / ©AFP.
OZD-Kommentar – Friedensrhetorik ohne Friedenswillen
Putins Worte klingen wie ein Angebot, sind aber in Wahrheit ein Manöver. Wer von Verhandlungen spricht und gleichzeitig neue Offensiven ankündigt, meint keinen Frieden, sondern Kapitulation. Die Verantwortung wird abgewälzt, die eigene Rolle verzerrt, der Krieg rhetorisch normalisiert. Der Kreml nutzt Diplomatie als Bühne, nicht als Werkzeug. Solange Moskau nicht bereit ist, Truppen zurückzuziehen und die Souveränität der Ukraine anzuerkennen, bleibt jede Gesprächsbereitschaft ein taktisches Täuschungsmanöver.
Lesermeinungen
„Putin spricht von Frieden, während er auf Krankenhäuser schießt– das ist Zynismus.“
„Verhandeln ja, aber nicht unter Dauerbeschuss. So kann kein Frieden entstehen.“
„Die EU darf sich von dieser Rhetorik nicht einlullen lassen.“
Mini-Infobox
– Putin sieht Westen und Ukraine in der Verantwortung
– Kreml-Chef erklärt sich verhandlungsbereit
– Gleichzeitig neue militärische Drohungen
– Warnung an EU wegen russischer Vermögenswerte
– Aussagen bei Jahres-Pressekonferenz in Moskau
OZD-Analyse
Putins Doppelstrategie
– a) Friedensrhetorik nach außen
– b) Militärische Eskalation nach innen
– c) Schuldzuweisung an Westen und Kiew
Drohungen gegen Europa
– a) Warnung vor Nutzung russischer Vermögen
– b) Einschüchterungsversuch gegenüber der EU
– c) Rechtliche und politische Eskalationslinie
Bedeutung für die Ukraine-Diplomatie
– a) Gespräche unter hohem Misstrauen
– b) Fehlende echte Zugeständnisse Moskaus
– c) Gefahr eines eingefrorenen Dauerkriegs
Wer ist Wladimir Putin?
Wladimir Putin ist Präsident der Russischen Föderation und seit dem Jahr
2000 mit Unterbrechungen an der Macht. Er verantwortet den
Angriffskrieg gegen die Ukraine und prägt Russlands autoritäres
politisches System maßgeblich.
Was sind eingefrorene russische Vermögenswerte?
Dabei handelt es sich um rund 200 Milliarden Euro an russischen
Zentralbankgeldern, die seit Beginn des Ukraine-Kriegs in westlichen
Staaten blockiert sind. Die EU diskutiert, diese Mittel zur Finanzierung
der Ukraine zu nutzen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
OZD-Extras
Putins Jahres-Pressekonferenz dauerte in den vergangenen Jahren teils
über vier Stunden – und dient regelmäßig der politischen
Selbstinszenierung.