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Inmitten wachsender Unsicherheit über die künftige Rolle der USA in Europa signalisiert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Gesprächsbereitschaft über die Stationierung französischer Atom-Kampfflugzeuge in anderen europäischen Ländern – allerdings unter strengen Auflagen. „Frankreich wird nicht für die Sicherheit von anderen zahlen“, sagte Macron am Dienstagabend im französischen Fernsehen (TF1). Die Kapazitäten der französischen Atomstreitkräfte würden nicht verringert, und die letzte Entscheidung liege stets beim Präsidenten der Republik.
Macron reagierte damit auf ein informelles Gesuch Polens, das Interesse bekundet hatte, französische atomar bestückbare Flugzeuge in seinem Staatsgebiet zu stationieren. Ähnliche Systeme der USA befinden sich bereits in mehreren NATO-Staaten, darunter Deutschland. Macron erklärte, er habe bereits mit ersten Partnern Gespräche geführt und wolle in den kommenden Wochen „einen Rahmen für diese Diskussionen definieren“.
Zugleich machte der Präsident deutlich, dass Frankreich nicht bereit sei, diese sicherheitspolitische Ausweitung auch finanziell zu tragen. „Es werden nicht wir sein, die dies finanzieren“, stellte er klar. Frankreichs atomare Schutzfunktion für Europa sei nur denkbar, wenn sie nicht auf Kosten der nationalen Verteidigungsfähigkeit gehe.
Seit dem Austritt Großbritanniens ist Frankreich die einzige Atommacht in der Europäischen Union. Macron hatte bereits mehrfach betont, dass Frankreichs „vitale Interessen“ auch eine „europäische Dimension“ besitzen. Vor dem Hintergrund eines drohenden Rückzugs der USA aus NATO-Strukturen zeigen mehrere Staaten Interesse an einem stärkeren französischen Atomschirm. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will mit Macron darüber sprechen.
Darüber hinaus kündigte Macron in dem Interview neue EU-Sanktionen gegen Russland an – falls Moskau die von den USA und der EU vorgeschlagene Waffenruhe in der Ukraine nicht einhalte. Zum Thema eingefrorener russischer Vermögen sagte er, es gebe derzeit „keinen rechtlichen Rahmen“, um diese Mittel zu nutzen.
OZD / AFP
OZD-Kommentar:
Macron spricht Klartext – und setzt sich auf den Atomthron Europas. Doch
seine Bedingungen zeigen, wie tief das Misstrauen selbst unter
Verbündeten ist. Kein Geld, keine Einmischung, keine Kontrolle durch
andere – Frankreich will Schutz bieten, aber nicht haften. Das erinnert
mehr an Versicherungspolice als an Bündnissolidarität. Klar ist: Der
amerikanische Schutzschirm wird fragiler. Doch die europäische Antwort
bleibt zaghaft, fragmentiert – oder eben französisch-dominiert. Dass
Macron die letzten Entscheidungen für sich reklamiert, zeigt: Von
nuklearer Souveränität auf EU-Ebene ist Europa noch Lichtjahre entfernt.
OZD-Analyse
1. Macrons Angebot zur Atomstationierung in Europa
a) Hintergrund: Wunsch Polens nach Atomflugzeugen.
– In Anlehnung an US-Modelle (z. B. in Deutschland, Belgien).
– Polen sieht Bedrohung durch Russland und zweifelt an US-Verlässlichkeit.
b) Macrons drei Bedingungen:
– Keine Kostenübernahme durch Frankreich.
– Keine Schwächung eigener Atomkapazitäten.
– Entscheidungsgewalt bleibt allein beim französischen Präsidenten.
2. Frankreichs atomare Rolle nach dem Brexit
a) Einzige Nuklearmacht der EU seit 2020.
– Nuklearstreitkräfte unabhängig von NATO-Befehl.
– Nationale Doktrin: Schutz französischer „vitaler Interessen“.
b) Macrons Atomvision für Europa.
– Betonung europäischer Sicherheitsarchitektur.
– Bereitschaft zum Dialog – aber ohne Machtteilung.
3. Geopolitische Dynamik im Schatten der US-Zurückhaltung
a) Rückzugsdebatte der USA unter Trump & Co.
– Forderungen nach mehr Eigenverantwortung in der EU.
– Sorge vor Trump 2.0 lässt Europa nach Alternativen suchen.
b) Merz, Polen & Co: Interessierte Gesprächspartner.
– Deutschland laut Kanzler Merz an Gesprächen interessiert.
– Osteuropäische Staaten drängen auf nukleare Abschreckung.
4. Sanktionen gegen Russland und eingefrorene Vermögen
a) Neue Sanktionen bei Nicht-Einhaltung der Waffenruhe.
– Drohung für den Fall eines russischen Bruchs.
b) Kein rechtlicher Rahmen für Vermögensnutzung.
– Macron: Aktuell keine juristische Grundlage für Enteignung eingefrorener Gelder.
– Debatte in der EU über Umwidmung dieser Milliarden.
Was ist der französische Atomschirm?
Der französische Atomschirm
umfasst ballistische U-Boote und luftgestützte Atomwaffen. Er dient der
strategischen Abschreckung Frankreichs, ist aber nicht Teil der
NATO-Kommando-Struktur. Diskussionen über seine europäische Ausweitung
gibt es seit dem Brexit.
Was bedeutet „letzte Entscheidung liegt beim Präsidenten“?
In der französischen Nukleardoktrin trifft allein der Präsident die Entscheidung über Einsatz oder Stationierung von Atomwaffen – unabhängig von Bündnispartnern oder Parlament.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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