Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat seine verschärfte Migrationspolitik und die Zurückweisungen an den Grenzen im Bundestag vehement verteidigt. Illegale Migration, so seine Überzeugung, gefährde nicht nur die Sicherheitslage, sondern auch die politische Stabilität Deutschlands und Europas.
Die neuen Grenzkontrollen zeigen bereits Wirkung. Ziel sei es laut Dobrindt, die Zahl der Zurückweisungen „nach und nach“ zu steigern. Zugleich betonte er: „Deutschland bleibt ein weltoffenes Land.“ Legale Migration sei weiterhin willkommen, aber die Integrationsfähigkeit habe eine klare Belastungsgrenze erreicht. Kommunen, Städte und Landkreise seien mit der Aufnahme Geflüchteter bereits „am Limit“.
In der Debatte kritisierte Dobrindt die Grünen scharf für ihre Rolle in der früheren Ampelregierung: Deren Untätigkeit habe die gesellschaftliche Polarisierung fast verdoppelt. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz konterte, die Probleme seien durch Innenminister der Union selbst verursacht worden.
Von Notz warnte zudem vor einer Überlastung der Polizeikräfte durch die Kontrollen: „In spätestens drei Wochen wird die massive personelle Überlastung Ihre Maßnahmen faktisch beenden.“
Unterstützung bekam Dobrindt von CDU-Mann Günter Krings, der die Zurückweisungen für notwendig erklärte. SPD-Abgeordneter Lars Castellucci zeigte sich moderat offen: Die Maßnahmen müssten gemeinsam mit europäischen Partnern abgestimmt werden.
Dobrindts Pläne gehen weit über die aktuellen Maßnahmen hinaus. Die Bundesregierung will die sogenannte Expresseinbürgerung abschaffen, den Familiennachzug für bestimmte Gruppen aussetzen, freiwillige Aufnahmeprogramme beenden und Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan wieder ermöglichen. Für Gefährder sei ein „dauerhafter Ausreisearrest“ vorgesehen.
Die Linke kritisierte das Programm scharf. „Sie schaffen eine Praxis außerhalb des Rechts“, sagte Clara Bünger. Die AfD wiederum fordert ein noch härteres Vorgehen – alle Ausreisepflichtigen müssten konsequent abgeschoben werden, nicht nur Gefährder oder Straftäter.
Neben der Migrationspolitik kündigte Dobrindt eine Ausweitung der Befugnisse für Polizei und Nachrichtendienste an. Die Speicherung von IP-Adressen soll wieder eingeführt werden. Diese seien „oft der einzige Ermittlungsansatz“, um schwere Straftaten aufzuklären. Ergänzt wird das Programm um die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) sowie den Einsatz künstlicher Intelligenz zur Datenauswertung.
OZD-Kommentar
Alexander Dobrindt greift durch – und polarisiert. Seine Rede im Bundestag ist mehr als ein Regierungsprogramm: Sie ist ein politischer Frontalangriff auf eine Ära der offenen Grenzen. Wer Integration sagt, muss auch Grenzen setzen – so lautet seine Botschaft. Aber: Dobrindts Maßnahmen werfen ernste rechtsstaatliche Fragen auf. Zwischen Schutzbedürftigen und Straftätern zu unterscheiden, ist nicht nur menschlich geboten, sondern rechtlich verpflichtend. Die Kritik der Linken an einer „Spirale der Entrechtung“ mag überzogen wirken, doch der Ton der Debatte zeigt: Hier geht es längst nicht mehr nur um Zahlen – es geht um das Selbstverständnis unseres Staates.
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OZD-Analyse:
1. Migrationspolitik als Machtfrage:
a) Dobrindts Kurs folgt dem europäischen Trend zu härterer Asylpolitik
b) Der politische Druck durch Wahlerfolge der AfD wächst
c) SPD steht zwischen Koalitionsfrieden und Realitätsdruck
2. Rechtsstaatliche Herausforderungen:
a) Rückführung nach Syrien und Afghanistan rechtlich problematisch
b) IP-Speicherung und TKÜ stehen unter Beobachtung des EuGH
c) Der Einsatz von KI im Sicherheitsbereich wirft Datenschutzfragen auf
3. Innenpolitische Spaltung:
a) Linke und Grüne fürchten Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien
b) AfD profiliert sich als Hardliner und macht Druck auf Union
c) CDU/CSU versuchen Spagat zwischen Härte und Menschenrechten
Erklärungen:
Was ist die Vorratsdatenspeicherung?
Darunter versteht man die Speicherung von Kommunikationsdaten (z. B. IP-Adressen), um bei Straftaten schneller ermitteln zu können. Sie ist umstritten und wurde 2017 in Deutschland ausgesetzt.
Was bedeutet Quellen-TKÜ?
Dabei wird Kommunikation überwacht, bevor sie verschlüsselt wird – etwa durch spezielle Software auf Geräten. Dies ermöglicht Ermittlungen trotz verschlüsselter Chats.
Was sind Zurückweisungen an der Grenze?
Dabei handelt es sich um Maßnahmen, bei denen Personen ohne gültige Einreisepapiere oder ohne Asylanspruch direkt an der Grenze abgewiesen werden.
Wer ist Alexander Dobrindt?
Alexander Dobrindt ist CSU-Politiker und seit 2025 Bundesinnenminister. Zuvor war er Verkehrsminister und Fraktionsvorsitzender der CSU im Bundestag.
Was ist das Innenministerium?
Das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ist zuständig für innere Sicherheit, Migration, Verfassungsschutz, öffentliche Verwaltung und IT-Infrastruktur.
Was bleibt von Faesers Vorarbeit!
Ein verschieben der Verantworung auf Europa?
Nancy Faesers Migrationspolitik als Bundesinnenministerin war von Beginn an ein Thema intensiver Debatten. Ihr Ansatz war von dem Versuch geprägt, einerseits humanitäre Prinzipien zu wahren und andererseits Kontrolle und Ordnung zu gewährleisten. Doch in der Praxis traf sie auf erhebliche Widerstände, sowohl von Bundesländern als auch von europäischen Partnern.
Ihre Strategie setzte unter anderem auf europäische Kooperation, insbesondere mit Ländern wie Italien und Frankreich, um eine gemeinsame Linie zu etablieren. Doch gerade hier zeigte sich eine fehlende Einigkeit innerhalb der EU, sodass viele Maßnahmen ins Stocken gerieten. Die angestrebte Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) brachte zwar Fortschritte, doch die Umsetzung auf nationaler Ebene blieb zögerlich.
Ein weiterer Kernpunkt ihrer Politik war die Rückführung abgelehnter Asylbewerber, doch genau hier gab es keine entscheidenden Fortschritte. Länder wie Afghanistan oder Syrien, die große Gruppen von Schutzsuchenden stellen, waren durch diplomatische und rechtliche Hürden schwer erreichbar für Abschiebungen. Zudem waren zahlreiche Kommunen überlastet, während Faeser darauf setzte, durch verbesserte Verwaltungsprozesse Entlastung zu schaffen – mit begrenztem Erfolg.
Auch innerhalb Deutschlands geriet ihr Kurs in Kritik: Während einige Parteien ihr eine zu lasche Haltung vorwarfen, empfanden andere Maßnahmen wie verstärkte Grenzkontrollen als nicht ausreichend durchdacht. Dies führte zu einer Unsicherheit, die besonders in den Jahren nach 2022 immer wieder politische Spannungen hervorrief.
Letztlich blieb Faesers Migrationspolitik hinter ihren eigenen Zielen zurück. Während sie die Notwendigkeit von Steuerung und Kontrolle erkannte, fehlten ihr die Durchschlagskraft und politische Unterstützung, um ihre Reformen voll durchzusetzen. Ihr Kurs war zögerlich und politisch schwierig, sodass viele Herausforderungen ungelöst blieben.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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