Die Ankündigung einer zweiten Runde direkter Gespräche zwischen Moskau und Kiew am kommenden Montag in Istanbul wirkt auf den ersten Blick wie ein diplomatischer Fortschritt – bei näherem Hinsehen bleiben jedoch zahlreiche Fragezeichen. Außenminister Sergej Lawrow kündigte an, ein russisches „Memorandum“ zur Beendigung des Konflikts präsentieren zu wollen. Was genau dieses Dokument beinhaltet, bleibt unklar – ebenso, ob es für die Ukraine überhaupt akzeptabel sein kann. Schon der Begriff „Memorandum“ deutet eher auf ein einseitiges Papier als auf ein gemeinsam verhandeltes Konzept hin.
Zwar wird der Wille zur Fortsetzung des Dialogs betont, doch muss man sich fragen, ob Moskau wirklich an einem „ehrlichen“ Friedensprozess interessiert ist oder eher um internationale Imagepflege bemüht ist. Lawrows Dank an die „türkischen Partner“ und seine Hoffnung auf internationale Unterstützung wirken fast wie ein Versuch, Druck auf Kiew auszuüben – und die Ukraine als die zögerliche Seite darzustellen, falls keine Fortschritte erzielt werden.
Das erste Treffen am 16. Mai – das erste direkte Gespräch seit über drei Jahren – brachte außer einem Gefangenenaustausch kaum greifbare Ergebnisse. Eine Waffenruhe blieb unerreichbar. Warum sollte es nun anders sein? Ohne konkrete Vorbedingungen, eine überprüfbare Agenda und internationale Vermittlung bleiben Zweifel an der Ernsthaftigkeit der russischen Initiative bestehen.
OZD
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