Mexiko hat mit einer weltweit einmaligen Wahl Rechtsgeschichte geschrieben: Über 100 Millionen Wahlberechtigte konnten am Sonntag Richter auf allen Ebenen direkt bestimmen – von Lokalgerichten bis hin zum Obersten Gerichtshof. Zur Wahl standen über 3.400 Kandidaten. Grundlage ist eine Verfassungsreform, initiiert von der linken Regierung unter Präsidentin Claudia Sheinbaum, die ab 2025 die Direktwahl aller Richter vorschreibt.
Was als demokratischer Fortschritt verkauft wird, könnte sich als Rückschritt für die Gewaltenteilung entpuppen. Richter, die sich um Wählerstimmen bemühen müssen, laufen Gefahr, populistische Entscheidungen zu treffen oder unter Einfluss mächtiger Interessengruppen zu geraten. Besonders in einem Land wie Mexiko, in dem die organisierte Kriminalität tief in Politik und Gesellschaft verwoben ist, wirkt die Vorstellung unabhängiger Richter auf dem Wahlzettel eher befremdli
Die Absicht, Korruption zu bekämpfen, ist legitim – doch stellt sich die Frage, ob die Mittel angemessen sind. Eine direkte Richterwahl kann Transparenz fördern, aber auch Manipulation Tür und Tor öffnen. Internationale Kritik, etwa von Human Rights Watch und der US-Regierung, verweist zu Recht auf die Gefährdung richterlicher Unabhängigkeit. Mexiko liefert damit einen global beachteten Testfall: Wie viel direkte Demokratie verträgt die Justiz, ohne ihren Kern zu verlieren?
OZD
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