Mit den Worten, die USA hätten „eine sehr dicke rote Linie“ überschritten, signalisiert Irans Außenminister Abbas Araghtschi das Ende der diplomatischen Zurückhaltung seines Landes. Nach dem gezielten US-Angriff auf iranische Atomanlagen spricht Teheran offen von legitimer Selbstverteidigung und kündigt „alle notwendigen Mittel“ als Antwort an – ein Ausdruck maximaler Entschlossenheit in einer hochbrisanten Situation.
Objektiv ist festzuhalten: Der Angriff auf Nuklearanlagen eines souveränen Staates stellt eine dramatische Eskalation dar. Ob der Angriff völkerrechtlich gedeckt oder militärisch gerechtfertigt war, ist international umstritten. Die diplomatische Sprachlosigkeit zwischen Iran und dem Westen wurde mit diesem Schritt weiter verschärft. Araghtschis Aussage, die Diplomatie sei „in die Luft gesprengt“ worden, verdeutlicht die gefährliche Lage.
Zukunftsorientiert bedeutet das eine hochriskante Weggabelung. Noch besteht die Chance, über internationale Vermittler – etwa Russland oder China – einen Rückweg zur Diplomatie zu finden. Dass Araghtschi kurzfristig Kreml-Chef Wladimir Putin trifft, zeigt, wie stark sich das geopolitische Gewicht nun verschiebt. Moskau und Peking könnten zu Schlüsselfiguren werden, um eine weitere Eskalation – möglicherweise sogar auf globaler Ebene – zu verhindern.
Deeskalation wird nur gelingen, wenn alle Seiten – einschließlich der USA – bereit sind, kurzfristig auf weitere Militäraktionen zu verzichten und multilaterale Gespräche zuzulassen. Dazu gehört auch, dem Iran diplomatische Wege zu eröffnen, ohne ihn international völlig zu isolieren. Nur wenn legitime Sicherheitsinteressen beidseitig anerkannt und überprüfbare Abrüstungsmaßnahmen angestrebt werden, kann die Region vor einem Großkrieg bewahrt werden.
In einer Zeit, in der „rote Linien“ überschritten werden, braucht es mehr denn je kluge Diplomatie, Geduld und politische Verantwortung – auf allen Seiten.
OZD
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