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Rufe nach Rücktritt – Iranisches Regime am Scheideweg (mit geschichtlichem Rückblick)

Der Ruf der Opposition nach Chameneis Rücktritt ist laut – doch die Zukunft Irans entscheidet sich nicht nur im Bunker, sondern auch auf den Straßen und in den Köpfen.

Die Forderungen führender iranischer Oppositionsfiguren wie Resa Pahlavi, Marjam Radschawi und Narges Mohammadi bringen das tiefe Misstrauen eines Teils der Bevölkerung gegenüber dem iranischen Machtapparat zum Ausdruck. Inmitten eines eskalierenden Krieges und nach verheerenden US-Angriffen auf Atomanlagen wächst der innenpolitische Druck auf das Regime – nicht nur aus dem Ausland, sondern zunehmend auch von innen.

Zukunftsorientiert:
Ein möglicher Rücktritt Chameneis wäre zwar historisch, aber noch lange kein Garant für demokratische Erneuerung. Die Opposition ist zersplittert, und ein Machtvakuum könnte ebenso von Radikalen wie von Reformer:innen gefüllt werden. Wichtig ist daher die konkrete Vision: Wie sieht ein politischer Übergang aus? Welche Institutionen sichern Stabilität und Rechte? Die Stimmen der Demokratiebewegung – besonders die von Frauen wie Mohammadi – müssen dabei eine zentrale Rolle spielen.

Deeskalierend:
Ein Regimewechsel durch Gewalt birgt das Risiko eines Bürgerkriegs oder der Einmischung externer Mächte. Ein friedlicher, geordneter Übergang – möglicherweise vermittelt durch neutrale Staaten oder UN-Strukturen – ist das einzig tragfähige Ziel. Denn so berechtigt der Zorn vieler Iraner:innen auf ihr Regime ist: Nur mit Augenmaß kann ein neuer Anfang gelingen.


Iran unter dem Schah – Aufstieg, Glanz und der Weg in die Islamische Revolution

Ein goldenes Zeitalter mit Rissen
Unter Mohammad Reza Pahlavi, dem letzten Schah von Persien, erlebte der Iran eine Phase rasanter Modernisierung und Westorientierung – doch auch autoritärer Repression und wachsender sozialer Ungleichheit. Sein Vater Reza Schah Pahlavi hatte das Land nach jahrhundertelanger Schwäche zu einem zentralisierten, säkularen Nationalstaat geformt.

Nach der Abdankung seines Vaters 1941 infolge der britisch-sowjetischen Invasion während des Zweiten Weltkriegs, übernahm Mohammad Reza Pahlavi als Monarch. Anfangs ein unsicherer König, wurde seine Macht durch den CIA-gestützten Putsch gegen Premier Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 massiv gestärkt. Mossadegh hatte zuvor versucht, die Ölindustrie zu verstaatlichen – zum Missfallen britischer und amerikanischer Interessen.

Die Weiße Revolution
In den 1960er-Jahren leitete der Schah die sogenannte „Weiße Revolution“ ein: ein umfassendes Reformpaket, das Frauen das Wahlrecht verlieh, den Großgrundbesitz aufbrach, Analphabetismus bekämpfen sollte und eine rasche Industrialisierung einleitete. Das Gesicht Teherans veränderte sich – moderne Autobahnen, Wolkenkratzer, westliche Kleidung und Konsumkultur hielten Einzug.

Doch unter der glänzenden Oberfläche gärte Unzufriedenheit:

Der Reichtum blieb bei einer urbanen Elite konzentriert, während die Landbevölkerung kaum profitierte.

Religiöse Kreise fühlten sich durch die Säkularisierung und Westbindung entfremdet.

Die politische Opposition wurde durch den gefürchteten Geheimdienst SAVAK unterdrückt – mit Überwachung, Folter und Inhaftierungen.

Der Weg zur Revolution
In den 1970er-Jahren spitzte sich die Lage zu: Die Ölkrise 1973 brachte zwar kurzfristig enorme Einnahmen, aber auch Inflation und soziale Spannungen. Die Unzufriedenheit vereinte linke, religiöse und liberale Kräfte in einem Bündnis gegen das Schah-Regime.

Ayatollah Ruhollah Chomeini, ein schiitischer Geistlicher, der 1964 ins Exil gezwungen wurde, gewann zunehmend Einfluss – insbesondere über Kassettenpredigten, die im Untergrund zirkulierten.

Ende 1978 eskalierte die Lage: Streiks, Massendemonstrationen und ziviler Ungehorsam lähmten das Land. Am 16. Januar 1979 verließ der Schah den Iran – offiziell für eine medizinische Behandlung, de facto aber ins Exil. Am 1. Februar kehrte Chomeini triumphal nach Teheran zurück.

Die Islamische Republik
Im April 1979 wurde der Iran nach einem Referendum zur Islamischen Republik erklärt. Die neue Verfassung verankerte die Herrschaft des Rechtsgelehrten (Velayat-e Faqih) – ein Konzept, das Ayatollah Chamenei bis heute legitimiert.

Oppositionelle, Linke und säkulare Kräfte wurden zunächst marginalisiert, später brutal verfolgt. Die neuen Machthaber ersetzten die Repression des Schah-Regimes durch eine eigene, religiös legitimierte Herrschaft – inklusive strikter Geschlechtertrennung, Zensur und Revolutionswächtern.

Rückblick und Ausblick
Der Iran des Schahs war modern, aber unfrei; der Iran der Islamischen Republik ist ideologisch geschlossen, aber voller junger Menschen mit dem Wunsch nach Veränderung. Die Geschichte zeigt: Ohne politische Teilhabe, Gerechtigkeit und offene Diskurse kann kein System dauerhaft überleben – auch nicht im Bunker.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.

Bid: AFP