Die dramatische Lage rund um Marseille macht erneut deutlich, wie verwundbar selbst dicht besiedelte Regionen in Europa gegenüber Waldbränden geworden sind. Über 750 Hektar Vegetation sind bislang den Flammen zum Opfer gefallen. Der Auslöser: ein brennendes Auto auf einer Autobahn. Der Brand weitete sich mit erschreckender Geschwindigkeit aus, erreicht den Stadtrand, beschädigt Dutzende Häuser, zwingt hunderte Menschen – darunter Bewohner eines Seniorenheims – zur Evakuierung.
Und: Noch ist das Feuer nicht unter Kontrolle. Obwohl die Intensität etwas abgenommen hat, warnen Feuerwehr und Behörden vor neuen Brandherden, zumal der berüchtigte Mistral-Wind wieder auffrischen könnte. Über 700 Feuerwehrleute kämpfen weiterhin gegen die Flammen, unterstützt von Hubschraubern. Der französische Innenminister spricht von einem "höchst riskanten Sommer" – und kündigt vier zusätzliche Löschflugzeuge an.
Doch die Notmaßnahmen, so wichtig sie sind, bekämpfen nur die Symptome. Der eigentliche Brandbeschleuniger bleibt der Klimawandel: Hitze, Dürre und Wind sorgen für perfekte Bedingungen, damit selbst kleinste Funken ganze Landschaften entflammen. Die aktuellen Feuer rund um Marseille, Narbonne, Gard und Hérault sind kein Zufall, sondern Ausdruck einer tiefgreifenden klimatischen Veränderung. Wissenschaftler warnen seit Jahren vor genau diesem Szenario: Extreme Wetterlagen wie Hitzewellen nehmen nicht nur zu – sie werden auch intensiver.
Besorgniserregend ist zudem die Nähe vieler Brände zu urbanen Zentren und Verkehrsknotenpunkten. Flughafen gesperrt, Zugverbindungen lahmgelegt, Autobahnen blockiert – Südfrankreich erlebt einen Vorgeschmack auf klimabedingte Infrastrukturausfälle. In Narbonne zerstörte ein einzelner Brand über 2000 Hektar Vegetation, schnitt Frankreich zeitweise vom spanischen Straßennetz ab und führte zu kilometerlangen Staus.
Die Politik reagiert – aber die Frage bleibt: Reicht das? Frankreich braucht nicht nur mehr Technik, sondern endlich eine mutige Klimastrategie. Ohne tiefgreifende Maßnahmen gegen die Ursachen des Klimawandels wird der Süden Europas immer häufiger zur Hochrisikozone. Und irgendwann helfen auch keine Löschflugzeuge mehr.
OZD
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Bild: AFP