Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich bei einem Treffen der EU-Innenminister in Kopenhagen erneut für ein härteres europäisches Vorgehen in der Asylpolitik ausgesprochen. Konkret fordert er Abschiebungen in sogenannte Drittstaaten – unabhängig davon, ob Geflüchtete einen Bezug zu diesen Ländern haben. „Es braucht Partnerländer möglichst in der Nähe von Herkunftsländern, die dann mit uns in Vereinbarung in der Lage sind, Asylbewerber auch zurückzunehmen“, erklärte Dobrindt.
Hintergrund ist ein Vorstoß der EU-Kommission, die im Mai vorgeschlagen hatte, die rechtlichen Hürden für solche Abschiebungen deutlich zu senken. Künftig soll kein Nachweis persönlicher Verbindungen mehr nötig sein. Dobrindt befürwortete diese Pläne, mahnte aber ein gemeinsames europäisches Vorgehen an: „Es ist insgesamt mehr Zusammenarbeit notwendig.“
Auch EU-Migrationskommissar Magnus Brunner sprach sich in Kopenhagen für eine engere Koordinierung aus. Während die konkrete Abschiebung nationalstaatliche Aufgabe bleibe, wolle die Kommission die rechtlichen Grundlagen harmonisieren. In den nächsten EU-Haushalt soll unter anderem eine Erhöhung der Mittel für die europäische Grenzschutzagentur Frontex eingeplant werden.
Zusätzlich sprach sich Dobrindt für Abkommen mit Drittstaaten aus – darunter Länder wie Libyen. Doch gerade dort ist die politische Lage fragil. Erst kürzlich wurden Brunner und mehrere EU-Minister aus der ostlibyschen Stadt Bengasi verwiesen. Die Vereinten Nationen kritisieren die Zusammenarbeit mit libyschen Behörden seit Jahren, da Migranten dort willkürlich inhaftiert und misshandelt würden.
Dobrindt hatte sich bereits vergangene Woche mit Amtskollegen aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark und Tschechien auf schärfere Maßnahmen geeinigt. Ziel sei es, lange und aufwendige Prüfverfahren für Asylanträge zu verhindern. Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau forderte sogar, bei Personen ohne Ausweisdokumenten das Mobiltelefon durchsuchen zu dürfen.
Beim Treffen in Kopenhagen war auch das UN-Flüchtlingshilfswerk vertreten. Der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hatte Deutschland zuletzt ausdrücklich aufgefordert, Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen. Menschenrechtsorganisationen werfen der EU unterdessen vor, mit ihren Drittstaatenabkommen Mitverantwortung für systematische Misshandlungen von Migranten zu tragen.
OZD
OZD-Kommentar
Abschiebungen in sichere Drittstaaten sind ein notwendiger Schritt, um das deutsche Asylsystem endlich wieder handlungsfähig zu machen. Zu lange wurde die Realität ignoriert: Überlastete Kommunen, schleppende Verfahren, wachsende gesellschaftliche Spannungen – all das ist das Ergebnis einer Politik, die zwar viel verspricht, aber wenig durchsetzt.
Wenn Deutschland gemeinsam mit seinen europäischen Partnern Drittstaaten findet, die bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen, ist das kein Verrat an humanitären Werten, sondern ein Ausdruck von Verantwortung gegenüber der eigenen Bevölkerung. Wer wirklich schutzbedürftig ist, muss weiterhin Hilfe bekommen – aber das System darf nicht länger durch aussichtslose Anträge blockiert werden.
Die Idee, Migranten ohne Verbindung zu Deutschland in Drittstaaten zu bringen, mag hart klingen, ist aber ein klares Signal: Illegale Migration lohnt sich nicht. Abschiebungen in Partnerländer nahe der Herkunftsregion können helfen, Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen, geordnete Verfahren zu ermöglichen – und den vielen wirklich Bedürftigen eine faire Chance zu bieten.
Staatliches Handeln muss durchsetzbar sein. Wer das Asylrecht schützen will, muss Missbrauch verhindern. Drittstaatenregelungen sind kein Tabu – sie sind überfällig.
OZD-Analyse
1. Dobrindts Vorschlag im Detail
– Abschiebung von Geflüchteten in Drittstaaten
– Keine persönliche Verbindung zum Zielland mehr erforderlich
– Vorbild: britisches Ruanda-Modell – rechtlich wie ethisch umstritten
– Forderung nach EU-einheitlichem Vorgehen
2. Politische Verbündete und Unterstützung
– Treffen mit Ministern aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark, Tschechien
– Gemeinsame Absicht: Verkürzung von Asylverfahren
– Frankreichs Vorschlag: Durchsuchung privater Telefone bei Passlosigkeit
3. Rolle der EU-Kommission und Frontex
– EU will Rechtsrahmen schaffen, nicht Abschiebungen selbst übernehmen
– Frontex-Budget soll steigen
– EU verknüpft Migration mit anderen Themen (Handel, Entwicklungshilfe)
4. Kritische Stimmen und Risiken
– Menschenrechtsverletzungen in Libyen dokumentiert
– UN kritisiert geplante Maßnahmen scharf
– NGOs warnen vor Bruch internationaler Standards
– Politisches Risiko für Deutschland als zentraler Akteur
Wer ist Alexander Dobrindt?
Alexander Dobrindt ist seit 2025 Bundesinnenminister und gehört der CSU an. Er war zuvor u. a. Verkehrsminister sowie Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag. Dobrindt gilt als Vertreter eines migrationspolitischen Kurses mit harter Linie, der innerhalb der Unionsparteien zunehmend an Einfluss gewinnt.
Was ist eine Abschiebung in einen Drittstaat?
Eine Abschiebung in einen sogenannten sicheren Drittstaat bedeutet, dass ein Asylbewerber nicht in sein Herkunftsland, sondern in ein anderes Land gebracht wird – mit der Begründung, dort Schutz beantragen zu können. Kritiker sehen darin eine Umgehung der Asylverantwortung. Solche Maßnahmen erfordern völkerrechtliche Abkommen, sind rechtlich komplex und ethisch hoch umstritten.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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