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„Wir müssen reden“: Selenskyj will Verhandlung mit Putin – Kreml skeptisch

Ein direktes Treffen zwischen Selenskyj und Putin könnte den Ukraine-Krieg beenden – doch der Kreml zweifelt. Jetzt wächst die Hoffnung auf diplomatische Fortschritte.

Ukrainische und russische Unterhändler haben offenbar über ein mögliches Gipfeltreffen zwischen Präsident Wolodymyr Selenskyj und Kremlchef Wladimir Putin gesprochen. Ziel sei ein direkter Schritt zur Beendigung des seit mehr als drei Jahren andauernden Angriffskrieges gegen die Ukraine. "Wir müssen den Krieg beenden, und das beginnt vermutlich mit einem Treffen der Anführer", erklärte Selenskyj am Freitag und bestätigte, dass bereits über ein Format verhandelt werde.

Ein Treffen auf höchster Ebene würde nach ukrainischer Sicht ein klares Signal setzen – doch aus Moskau kam sofort eine kalte Dusche: Der Kreml bezeichnete ein solches Gespräch zwischen Selenskyj und Putin bis Ende August als "unwahrscheinlich". Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, eine Einigung in dieser kurzen Zeitspanne sei kaum vorstellbar, da es sich um einen "komplexen Prozess" handle. Zwar hatte Putin früher Gesprächsbereitschaft signalisiert, jedoch nur für die „abschließende Phase“ möglicher Friedensverhandlungen.

Bei den direkten Gesprächen zwischen russischen und ukrainischen Delegationen am Mittwoch in Istanbul hatte der ukrainische Chefunterhändler Rustem Umerow das persönliche Treffen vorgeschlagen. Auch der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski äußerte Zweifel, betonte aber die Notwendigkeit gründlicher Vorbereitung. Nur dann könne ein solcher Gipfel tatsächlich sinnvoll sein.

Immerhin gab es ein greifbares Ergebnis: Ein weiterer Gefangenenaustausch wurde vereinbart. Doch der zentrale Durchbruch, eine Einigung auf Waffenruhe, bleibt in weiter Ferne. Während Moskau weiterhin die Abtretung der annektierten ukrainischen Gebiete und einen Verzicht auf Nato-Mitgliedschaft fordert, weist Kiew diese Bedingungen strikt zurück. Die Ukraine beharrt auf einer sofortigen, bedingungslosen Waffenruhe und verlangt den vollständigen Rückzug der russischen Truppen.

Selenskyj hat erneut auch den US-Präsidenten Donald Trump zur Teilnahme an einem möglichen Treffen aufgerufen. Trump, der seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus diplomatischen Einfluss sucht, blieb bislang erfolglos bei dem Versuch, eine Beendigung des Krieges zu vermitteln. Doch die Bewegung in den Gesprächen zeigt: Das Fenster für eine politische Lösung ist noch nicht geschlossen.

OZD


OZD-Kommentar:
Es ist ein diplomatischer Hoffnungsschimmer – und zugleich ein riskanter Balanceakt. Wolodymyr Selenskyj wagt den Schritt auf Putin zu, wohl wissend, dass die Zeit gegen die Ukraine arbeitet. Doch der Kreml bleibt gewohnt zynisch. „Unwahrscheinlich“, heißt es von Peskow, als ginge es um ein Kaffeekränzchen, nicht um Millionen Menschenleben. Die Ukraine steht unter massivem Druck – militärisch, wirtschaftlich und politisch. Dass Selenskyj dennoch auf ein Treffen drängt, ist mutig. Doch es zeigt auch: Die Geduld mit dem Westen, insbesondere mit den USA unter Trump, schwindet. Russland spielt auf Zeit, will die Ukraine mürbe machen. Ein echter Durchbruch? Schwer vorstellbar. Aber jeder Versuch zählt – auch wenn er vom Kreml verhöhnt wird.


Lesermeinungen:
„Ich finde es gut, dass Selenskyj das Gespräch sucht – besser reden als weiter sterben.“ Wipe
„Putin wird sich niemals bewegen, solange er sich sicher fühlt. Nur Druck hilft.“ Detlef Lange 
„Trump sollte sich heraushalten. Das ist europäische Angelegenheit, keine PR-Bühne.“ Tristan Geneve 

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OZD-Analyse
1. Der diplomatische Vorstoß Selenskyjs
– Selenskyj setzt auf den direkten Dialog mit Putin.
– Ziel: Druck auf Russland erhöhen und eigene Verhandlungsbereitschaft demonstrieren.
– Die Wahl Istanbuls als Ort deutet auf türkische Vermittlungsbemühungen hin.

2. Die russische Reaktion – strategisches Ausbremsen
a) Kremlsprecher Peskow relativiert umgehend:
– Betonung auf „komplexer Prozess“ – kein Interesse an schnellen Lösungen.
– Moskau will Zeit gewinnen, um strategisch aufzuholen.
b) Forderungen Russlands bleiben maximalistisch:
– Abtretung von vier annektierten Regionen und Krim.
– Verzicht auf Nato-Beitritt und westliche Waffenhilfe.

3. Die Rolle internationaler Akteure
a) USA – Trump unter Druck:
– Keine sichtbaren Erfolge in der Vermittlung.
– Selenskyjs Aufruf an Trump deutet auf mangelnde Alternativen hin.
b) Türkei als Vermittlerin:
– Istanbul als Ort der Verhandlungen ist diplomatisch neutral.
– Erdogan könnte sich profilieren wollen.

4. Ausblick – Spiel auf Zeit oder Weg zum Frieden?
– Beide Seiten testen die Gegenseite – echte Kompromissbereitschaft ist kaum sichtbar.
– Ein Treffen würde politisch viel bedeuten, aber Substanz braucht Vorbereitung.
– Internationale Vermittlung bleibt entscheidend – aber die Zeit wird knapp.


Was ist der Kreml?
Der Kreml bezeichnet nicht nur ein historisches Bauensemble im Zentrum von Moskau, sondern ist ein Synonym für die russische Machtzentrale. Von dort regiert Präsident Wladimir Putin seit 2000 faktisch durchgehend das größte Land der Welt. Der Kreml steht für autoritäre Kontrolle, strategische Einflussnahme im Ausland und eine nach innen zunehmend repressive Politik.

Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist Präsident der Ukraine und ehemaliger Komiker sowie Schauspieler. Er wurde 2019 mit dem Versprechen gewählt, Korruption zu bekämpfen und Frieden mit Russland zu suchen. Nach dem russischen Angriffskrieg 2022 wurde Selenskyj zum Gesicht des ukrainischen Widerstands. International gilt er als Symbol für Demokratie und westliche Werte – in der Heimat wird er trotz Kritik als entschlossener Kriegspräsident wahrgenommen.

Alle Angaben ohne Gewähr. Bild AFP 


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