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Freispruch für Ballweg: Rechtsstaat oder Fehlurteil? (Kommentar)

Michael Ballweg, Gründer der „Querdenken“-Bewegung, wird in fast 10.000 Betrugsfällen freigesprochen – bleibt die Frage: Was heißt Gerechtigkeit in Zeiten politischer Aufladung?

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart, Michael Ballweg vom Vorwurf des vielfachen Betrugs freizusprechen, dürfte weit über die juristischen Kreise hinaus Debatten auslösen. In 9.450 Fällen vermuteter Spendenveruntreuung sah das Gericht keine strafbare Handlung – es blieb lediglich eine Verwarnung wegen Steuerhinterziehung. Rechtlich nachvollziehbar? Möglicherweise. Politisch heikel? Zweifellos.

Dass Ballweg nun Anspruch auf Entschädigung für rund neun Monate Untersuchungshaft sowie für beschlagnahmtes Vermögen hat, stellt die Justiz vor ein Erklärungsproblem: Wie konnte ein Mann über Monate inhaftiert sein, gegen den sich letztlich keiner der Hauptvorwürfe erhärten ließ?

Noch grundsätzlicher ist jedoch die Frage, ob mit diesem Urteil nicht ein Signal an jene gesendet wird, die systematisch Misstrauen gegenüber dem Staat säen. Denn Ballweg war nicht irgendwer. Mit „Querdenken 711“ hat er maßgeblich eine Bewegung mitgeprägt, die sich während der Pandemie offen gegen demokratische Institutionen, Medien und Gesundheitsbehörden positionierte.

Die Richter räumten ein, dass sich nicht mehr nachvollziehen lasse, wie Ballweg die Gelder verwendet hat – doch kann das wirklich genügen? Warum konnte offenbar nicht hinreichend ermittelt werden, ob Spenden privat verwendet wurden oder nicht? Hat hier die Anklage versagt, oder fehlt es schlicht an juristischen Instrumenten für neue Formen politischer Finanzierung jenseits klassischer Parteien?

Und: Wird dieser Freispruch nun in gewissen Kreisen gefeiert als „Beweis“, dass der Staat systematisch gegen Kritiker vorgeht – nur um am Ende zurückrudern zu müssen? Ballweg jedenfalls steht nun als (juristisch) freigesprochener Mann da, was politische Deutungen nicht einfacher macht.

Wirklich beruhigend wirkt dieses Urteil nicht. Denn was bleibt, ist ein doppelter Vertrauensschaden: Für Spender, die nie erfuhren, was mit ihrem Geld geschah – und für die Öffentlichkeit, die auf eine saubere juristische Aufarbeitung gehofft hatte.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: Pixabay