Ein weiteres Dorf brennt, ein weiterer Mensch stirbt, und die Spirale der Gewalt im Westjordanland dreht sich weiter. Die mutmaßlich von israelischen Siedlern gelegten Brände in Silwad und Umgebung sind kein Einzelfall mehr, sondern Teil eines erschütternden Musters: systematische Übergriffe unter Duldung oder gar stillschweigender Unterstützung durch staatliche Strukturen.
Dass die israelische Armee die Brandanschläge bestätigte, aber „keine Täter identifizieren“ konnte, wirkt angesichts der hochgerüsteten Überwachung in den besetzten Gebieten bemerkenswert – oder bezeichnend. Vorwürfe, dass Soldaten die Täter sogar begleiteten und auf unbewaffnete Palästinenser feuerten, machen die Lage noch bedrohlicher.
Im Windschatten des Krieges im Gazastreifen eskaliert im Westjordanland eine Gewalt, die zu oft keine internationale Aufmerksamkeit mehr findet. Seit Oktober 2023 wurden dort laut palästinensischen Angaben mindestens 966 Menschen getötet – überwiegend durch Armee oder Siedler. Dass in Israel dagegen nur von „Vergeltung“ gesprochen wird, während Siedler willkürlich Dörfer anzünden, wirft Fragen auf: Wie viel Rechtsstaatlichkeit bleibt, wenn Täter faktisch unbestraft bleiben?
Die israelische Regierung befeuert diese Eskalation aktiv: Der Siedlungsbau wird weiter vorangetrieben, ultrarechte Minister verharmlosen Übergriffe oder verteidigen sie als „Selbstschutz“. Die Palästinenser hingegen werden entwaffnet, kriminalisiert und ihrer letzten Rückzugsorte beraubt. Es ist ein asymmetrischer Konflikt, in dem zunehmend das Gewaltmonopol auf die Seite jener kippt, die vom internationalen Recht längst als illegale Besatzer definiert wurden.
Silwad ist kein Einzelfall. Es ist ein Fanal für eine Region, in der der Rechtsstaat längst bröckelt – und in der die internationale Gemeinschaft zuschaut, wie das Völkerrecht zu Asche zerfällt.
OZD
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Bild: AFP