Zum ersten Mal seit über 30 Jahren ist der Bierabsatz in Deutschland in einem Halbjahr unter die Marke von vier Milliarden Litern gefallen – ein Alarmsignal, das weit über leere Gläser hinausgeht. Laut Statistischem Bundesamt ging der Absatz in den ersten sechs Monaten des Jahres um 6,3 Prozent auf 3,9 Milliarden Liter zurück. Es ist ein Tiefstand, wie ihn die Branche zuletzt nur zu Pandemiezeiten erlebt hat. Besonders betroffen ist der Inlandsmarkt: Hier sank der Bierkonsum um 6,1 Prozent – ein Rückgang, der nicht nur Zahlen betrifft, sondern Existenzen.
„Wir sehen eine massive Konsumzurückhaltung, die sich jetzt direkt auf die Produktion und die Beschäftigten auswirkt“, erklärte der Deutsche Brauer-Bund. Zwar erfreuen sich alkoholfreie Biere weiter wachsender Beliebtheit, mit einem Plus von acht Prozent – doch das reicht bei Weitem nicht, um die Verluste im Kerngeschäft aufzufangen. Denn in der offiziellen Statistik sind alkoholfreie Varianten nicht enthalten.
Die Auswirkungen spüren nicht nur die rund 1500 Brauereien im Land, sondern auch tausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Sudhäusern, Abfüllanlagen, Logistikzentren oder im Vertrieb tätig sind. Der Brauer-Bund spricht von einem „extrem fordernden Jahr“, geprägt von explodierenden Kosten für Rohstoffe, Energie und Personal. Die Brauereien stehen unter einem immensen Spardruck – viele davon kleine und mittelständische Betriebe in ländlichen Regionen, wo die Bierkultur nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich tief verankert ist.
„Wir können die steigenden Kosten nur zu einem Bruchteil über Preiserhöhungen an den Handel weitergeben“, klagt der Verband. Die Unternehmen geraten dadurch in eine gefährliche Schieflage. Besonders dramatisch sei die Entwicklung im Export: Der Ausstoß ins Ausland brach um 7,1 Prozent ein – darunter fast zehn Prozent bei Lieferungen in Drittländer. Der Druck wird durch neue geopolitische Risiken und drohende Zölle im Handel mit den USA weiter verschärft. Und während die Politik auf europäischer Ebene mit Handelsabkommen laviert, verlieren viele Beschäftigte in der Branche zunehmend die Perspektive. ozd
OZD-Kommentar "Bier aus China"
Wenn Deutschlands Brauereien stöhnen, ist das kein Jammern auf hohem Niveau – sondern ein ernstzunehmender Hilferuf einer kriselnden Traditionsbranche. Der historische Rückgang beim Bierabsatz ist nicht nur ein Symptom des demografischen Wandels oder der veränderten Trinkgewohnheiten – er ist vor allem das Ergebnis einer gefährlichen Kombination aus Konsumzurückhaltung, internationalen Handelsrisiken und einem massiven Kostendruck.
Die Politik schaut derweil zu, wie hunderte mittelständische Betriebe mit jahrhundertealter Geschichte ums Überleben kämpfen – und mit ihnen die Menschen, die dort arbeiten. Wer diese Entwicklung kleinredet, verkennt die sozialen Auswirkungen: Hier geht es nicht nur um weniger Bier im Glas, sondern um ganze Familien, deren Jobs auf der Kippe stehen. Es ist höchste Zeit für gezielte Hilfen, Entlastungspakete und ein klares Bekenntnis zur deutschen Brauwirtschaft – bevor die nächste Brauerei für immer schließt und es Bier nur noch aus China gibt ;-) .
Drei Lesermeinungen:
„Ich arbeite seit 20 Jahren bei einer kleinen Brauerei – wenn das so weitergeht, weiß ich nicht, wie lange noch.“ – Ralf
„Es kann doch nicht sein, dass eine jahrhundertealte Branche untergeht, weil keiner handelt!“ – Birgit S
„Alkoholfrei hin oder her – das Problem sind die Preise und die Politik. Die Brauer brauchen jetzt Unterstützung.“ – Jens
Was ist der Deutsche Brauer-Bund?
Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) ist der Dachverband der Brauwirtschaft in Deutschland. Er wurde 1871 gegründet und vertritt die Interessen von rund 1500 Brauereien, von großen Konzernen bis zu kleinen familiengeführten Betrieben. Sitz des Verbands ist Berlin. Der DBB setzt sich für die Wahrung der deutschen Bierkultur ein, ist ein Verfechter des Reinheitsgebots und engagiert sich in Fragen der Lebensmittelpolitik, Steuerpolitik, internationalen Handelsbeziehungen sowie Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen. In der aktuellen Absatzkrise warnt der Verband vor strukturellen Schäden für die Branche und fordert politische Unterstützung – insbesondere im Hinblick auf faire Wettbewerbsbedingungen, Kostenentlastungen und Arbeitsplatzsicherung.
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Was sind die wichtigsten Biersorten?
Die mit Abstand gängigsten Biersorten in Deutschland sind Pils, Weizenbier (Weißbier), Helles, sowie verschiedene regionale Spezialitäten wie Kölsch und Altbier. Pils ist seit Jahrzehnten die beliebteste Sorte, gefolgt von Weizenbier. Die Marktvielfalt in Deutschland umfasst tausende unterschiedliche Biere, doch die klassischen Stile dominieren den Konsum:
Pils (Pilsner): Über 50% des Biermarktes entfallen auf Pils. Es besticht durch seine goldgelbe Farbe, den klaren, hopfig-herben Geschmack und einen Alkoholgehalt von etwa 4–5.2%. Besonders im Norden, Westen und Osten Deutschlands ist Pils marktführend und in nahezu jeder Kneipe zu finden
Weizenbier (Weißbier): Das zweitbeliebteste Bier Deutschlands ist das meist obergärige, hefetrübe Weizenbier, ursprünglich aus Bayern. Es hat einen würzigen, oft fruchtigen Geschmack, ist sehr sprudelig und weist meist zwischen 5–5.6% Alkoholgehalt auf. Im Süden fest verwurzelt, ist es mittlerweile deutschlandweit beliebt, vor allem im Sommer
Helles: Das Helle („Bayrisch Hell“) ist ein untergäriges, mild gehopftes und süßlicheres Bier, besonders in Bayern verbreitet. Es gilt als Gegenstück zum herberen Pils und wird meist blank gefiltert. Auch dieses Bier hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen
Export: Vor allem im Süden und Westen Deutschlands ist das Export-Bier beliebt. Es ist ein untergäriges Vollbier, meist süffiger und ein wenig kräftiger als das Helle, mit etwa 5% Alkohol
Kölsch & Altbier: Beides sind regionale Spezialitäten: Kölsch wird ausschließlich in Köln und Umgebung nach der „Kölsch-Konvention“ gebraut, es ist ein helles, obergäriges und sehr schlankes Bier. Altbier stammt aus Düsseldorf und Umgebung und ist ein bernsteinfarbenes, herbes, malziges obergäriges Bier
Berliner Weiße: In Berlin populär, ist dies ein leicht säuerliches, helles Weizenbier, das oft mit Sirup (Himbeer, Waldmeister) serviert wird
Craft-Biere: In den letzten Jahren sind auch kreative Bierstile, sogenannte „Craft-Biere“, im Trend. Sie bereichern zunehmend die deutsche Bierlandschaft, bleiben aber mengenmäßig hinter den klassischen Sorten zurück
Das klassische Pils bleibt das unangefochten meistgetrunkene Bier in Deutschland, gefolgt von Weizenbier und den weiteren genannten Stilen. Regionale Besonderheiten wie Kölsch oder Altbier prägen zusätzlich die Bierkultur einzelner Regionen
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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