Mit dem Rentenpaket erfüllt die Bundesregierung gleich zwei zentrale Versprechen: Die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2031 und die Ausweitung der Mütterrente auf Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Was auf den ersten Blick wie ein soziales Geschenk wirkt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als politisch motivierte Maßnahme mit enormer finanzieller Sprengkraft – und als Signal in die falsche Richtung.
„Die Rente bleibt stabil und gerecht“, so die Einschätzung von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Doch gerecht für wen? Zwar profitieren heutige und künftige Rentner*innen durch etwas höhere Zahlungen – rund 35 Euro mehr pro Monat bei einer Beispielrente von 1500 Euro im Jahr 2031 –, doch die Kosten dieser Garantie summieren sich laut Ministerium auf elf Milliarden Euro jährlich am Ende des Jahrzehnts.
Auch die CSU kann einen Erfolg verbuchen: Die Mütterrente, einst von ihr eingeführt, wird ausgebaut. Für Eltern von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, sollen ab 2027 drei Erziehungsjahre vollständig angerechnet werden – was die Rentenhöhe deutlich verbessert. Sozialpolitisch ein starkes Signal, vor allem für Frauen der Babyboomer-Generation. Doch auch hier steht eine Summe im Raum: fünf Milliarden Euro jährlich – finanziert aus dem allgemeinen Steueraufkommen.
Generationengerechtigkeit in der Schieflage?
Genau an diesem Punkt entzündet sich die Kritik. Junge Generationen, die durch stagnierende Reallöhne, steigende Mieten und Inflation ohnehin belastet sind, sollen später für ein System zahlen, das sie selbst kaum noch tragen kann. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger nennt es „das teuerste Sozialgesetz dieses Jahrhunderts“ und einen Boomerang für die Zukunft. Auch Johannes Winkel, Chef der Jungen Union, kritisiert die Regierung scharf: Sie verschließe die Augen vor der demografischen Realität – der wachsenden Zahl an Rentnern bei schrumpfender Beitragsbasis.
Einmal mehr wird deutlich: Es mangelt nicht an populären Maßnahmen – sondern an einer nachhaltigen Rentenreform mit Weitblick. Eine, die auch die Finanzierung jenseits der 2030er Jahre sicherstellt. Zwar will die Regierung ab Herbst eine Rentenkommission einsetzen, doch deren Ergebnisse werden erst 2027 erwartet – zu spät, um rechtzeitig umzusteuern.
Kleinere Schritte: Aktivrente und Anschlussverbot
Neben den großen Linien enthält das Paket auch kleinere Elemente, wie etwa die Aktivrente. Ein erster Schritt wurde nun beschlossen: Das sogenannte Anschlussverbot entfällt, was bedeutet, dass befristete Arbeitsverhältnisse im Rentenalter beim selben Arbeitgeber künftig wieder möglich sind. Eine Maßnahme, die durchaus sinnvoll ist – doch eher symbolisch bleibt angesichts der strukturellen Finanzlücke.
Politischer Schulterschluss mit Risiken
Auffällig ist auch die politische Konstellation: SPD, CDU/CSU und sogar die Grünen tragen das Paket mit. Kritik kommt eher aus den Rändern: Die Linke nennt die Stabilisierung „nicht ausreichend“, fordert ein Rentenniveau von 53 Prozent. Der DGB hingegen spricht von einem „Gewinn für alle Generationen“ – mit Blick auf Kaufkraft und Binnenwirtschaft. Aber ob das die Realität in 15 Jahren noch abbildet, bleibt fraglich.
Erklärungen:
Rentenpaket: Gesetzespaket zur Reform und Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung.
Rentenniveau: Verhältnis der durchschnittlichen Rente zum durchschnittlichen Einkommen vor Steuern.
Mütterrente: Rentenzuschlag für Erziehungszeiten – besonders relevant für Kinder, die vor 1992 geboren wurden.
Anschlussverbot: Bisher geltendes Verbot für befristete Anstellungen im Rentenalter beim bisherigen Arbeitgeber.
Frühstartrente: Geplantes Vorsorgedepot für Kinder und Jugendliche zur kapitalgedeckten Altersvorsorge.
Aktivrente: Konzept zur Förderung freiwilliger Erwerbsarbeit im Rentenalter.
Demografischer Wandel: Entwicklung hin zu einer alternden Gesellschaft mit weniger Erwerbstätigen und mehr Rentnern.
Boomer-Jahrgänge: Bevölkerungsgruppe, die zwischen 1955 und 1969 geboren wurde – tritt derzeit verstärkt in den Ruhestand ein.
OZD
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Bild: AFP