Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) will mit einer neuen diplomatischen Initiative im Nahen Osten den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump unterstützen. Vor seinem Abflug nach Katar sagte Wadephul am Sonntag in Berlin, „um den US-Plan jetzt schnell umzusetzen, ist zupackende internationale Zusammenarbeit gefragt“.
Deutschland wolle „sich entscheidend engagieren“, um eine „Stabilisierung in der Region mit dauerhafter Sicherheit für alle“ zu erreichen. Wadephul kündigte an, konkrete Angebote zu machen – als Partner für humanitäre Hilfe, Stabilisierung und Wiederaufbau.
Hintergrund ist die teilweise Zustimmung der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas zu Trumps 20-Punkte-Plan für ein Ende des Gaza-Kriegs. Nach fast zwei Jahren erbitterter Kämpfe hatte die Hamas am Freitag erklärt, sie werde unter anderem die israelischen Geiseln freilassen, die sich noch in ihrer Gewalt befinden. Trump forderte daraufhin Israel auf, die Angriffe im Gazastreifen „sofort“ einzustellen.
Wadephul sprach von „Bewegung in den internationalen Bemühungen, das Leid im Gazastreifen zu beenden“. Der US-Plan biete eine „einzigartige Chance, auch weil er von arabischen und muslimischen Staaten mitgestaltet wurde und unterstützt wird“. Nach „zwei schrecklichen Jahren von Gewalt und Zerstörung“ müsse diese Gelegenheit genutzt werden.
Der Minister zeigte sich optimistisch: „Die Signale der letzten Tage geben mir Zuversicht, dass Israels Regierung und die Hamas bereit sind, die dazu notwendigen Schritte zu gehen.“ Voraussetzung dafür sei jedoch „die Mithilfe aller, die Einfluss geltend machen können“.
In Doha will Wadephul mit Katars Außenminister Scheich Mohammed Al-Thani beraten, dessen Land in den bisherigen Vermittlungsversuchen „eine unverzichtbare Rolle“ spielt. Hauptthema soll sein, „wie Hamas dazu gebracht werden kann, den eigenen Worten, nämlich alle Geiseln unverzüglich freilassen zu wollen, auch Taten folgen zu lassen“. Unter den Geiseln befinden sich noch deutsche Staatsbürger.
Am Sonntag und Montag will Wadephul zudem in Kuwait mit seinen EU-Kollegen und Mitgliedern des Golfkooperationsrats über gemeinsame Schritte beraten.
Der Gaza-Krieg war am 7. Oktober 2023 mit dem Angriff der Hamas und ihrer Verbündeten auf Israel ausgebrochen. Mehr als 1200 Menschen wurden dabei getötet, 251 als Geiseln verschleppt. Zwei Jahre später befinden sich noch 47 Menschen in der Gewalt der Hamas, mindestens 25 sollen tot sein. Israels massive Gegenoffensive hat laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium bisher mehr als 66 200 Menschen das Leben gekostet – Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen.
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OZD-Kommentar
Wadephul wagt, was lange als unmöglich galt – eine Allianz zwischen arabischen Staaten, der EU und den USA im Dienste des Friedens. Doch sein Optimismus birgt Risiken. Trumps Plan ist nicht aus Altruismus geboren, sondern aus Kalkül: Er will Stabilität, aber zu amerikanischen Bedingungen. Wenn Berlin jetzt mitmacht, muss es eigene Akzente setzen – für Ausgleich, nicht für Machtpolitik. Wadephul steht zwischen Hoffnung und Hybris: Wird er Vermittler oder Statist in einem US-geführten Drehbuch? Prognose: Nur wenn Katar echten Druck auf Hamas ausübt und Israel den Waffenstillstand respektiert, hat der Plan eine Chance – sonst bleibt er Papier, das in den Trümmern von Gaza verweht.
Lesermeinungen
„Endlich versucht jemand, Brücken zu schlagen – aber Trumps Plan bleibt einseitig.“ – Nadia Reimann, Hamburg
„Wadephul wirkt ehrlich bemüht, doch solange Israel und Hamas sich misstrauen, wird kein Papier Frieden schaffen.“ – Uwe Hartwig, Leipzig
OZD-Analyse
Die diplomatische Mission
a) Ziele: Wadephul will arabische und europäische Partner in eine koordinierte Friedensstrategie einbinden.
b) Partner: Katar gilt als Schlüsselland, Kuwait als Brücke zur EU.
c) Instrumente: Humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und Sicherheitsgarantien sollen Vertrauen schaffen.
Der Trump-Plan im Überblick
a) Inhalt: 20 Punkte – Waffenruhe, Geiselfreilassung, internationale Verwaltung für Gaza, Sicherheitsgarantien für Israel.
b) Beteiligte: Neben den USA auch Ägypten, Saudi-Arabien und Jordanien.
c) Kritik: Unklar, ob die Hamas und Israel den Bedingungen dauerhaft zustimmen.
Chancen und Risiken
– Erstmals seit Jahren unterstützen mehrere arabische Staaten aktiv einen US-Plan.
– Gleichzeitig bleibt die Region tief misstrauisch gegenüber amerikanischen Motiven.
– Wadephuls Engagement kann Deutschland als ehrlichen Makler profilieren – oder im Scheitern mitschuldig machen.
OZD-Erklärungen
Wer ist Johann Wadephul?
Johann David Wadephul, geboren 1963 in Husum, ist seit Mai 2025 Bundesaußenminister der Bundesrepublik Deutschland. Der CDU-Politiker gilt als transatlantisch geprägt und war zuvor stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Bundestag.
Was ist der Nahost-Friedensplan von Donald Trump?
Der 20-Punkte-Plan des US-Präsidenten sieht eine sofortige Waffenruhe, den Austausch aller Geiseln, internationale Kontrolle über den Wiederaufbau und Sicherheitsgarantien für Israel vor. Der Plan wurde in Teilen mit arabischen Staaten abgestimmt und soll die Grundlage für eine dauerhafte Lösung bilden.
Was ist der Golfkooperationsrat (GCC)?
Der GCC ist ein Bündnis arabischer Golfstaaten (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate), das 1981 gegründet wurde. Ziel ist wirtschaftliche, sicherheitspolitische und außenpolitische Zusammenarbeit in der Region.
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Titelbild: AFP