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Chaos in Paris: Philippe verlangt Macrons Abgang – drohen Neuwahlen?

Frankreich steht vor einer Zerreißprobe: Ex-Premier Philippe verlangt Macrons Rücktritt, während das Parlament blockiert bleibt.

In Frankreich spitzt sich die Regierungskrise weiter zu. Präsident Emmanuel Macron gerät zunehmend unter Druck – und erstmals fordert ein früherer Premierminister öffentlich seinen Rücktritt. Edouard Philippe, Gründer der Partei Horizonte, erklärte im Sender RTL, Macron solle nach der Verabschiedung des Haushalts „vorgezogene Präsidentschaftswahlen“ ausrufen. „Die Lösung der Krise liegt bei ihm. In einer Situation, in der die Autorität des Staates so sehr in Frage gestellt wird, muss (der Präsident) eine Entscheidung treffen, die seinem Amt gerecht wird“, sagte der Mitte-Rechts-Politiker, der bei den kommenden Präsidentschaftswahlen selbst kandidieren will. Philippe sieht darin für Macron „einen geordneten Abgang“.

Gabriel Attal, Fraktionschef von Macrons Partei Renaissance, distanzierte sich von dem Rücktrittsaufruf. Einen demokratisch gewählten Präsidenten zum Rücktritt zu bewegen, „würde das demokratische Gleichgewicht gefährden“, warnte er. Am Vortag hatte Attal allerdings selbst betont, dass er Macrons Entscheidungen „nicht mehr verstehe“ und den Eindruck habe, dass dieser „sich an sein Amt klammere“.

Beide ehemaligen Premierminister nahmen an Beratungen mit Sébastien Lecornu teil, der als geschäftsführender Premierminister bis Mittwochabend Grundzüge eines Regierungsprogramms entwerfen soll. Minimalkonsens im Regierungslager seien die Verabschiedung des Haushalts und die Zukunft des Überseegebiets Neukaledonien, hieß es von Lecornu. Er betonte, bei beiden Themen bestehe ein „gemeinsamer Wille, eine schnelle Lösung zu finden“.

Lecornu wollte am Dienstag und Mittwoch erneut mit Vertretern der Oppositionsparteien sprechen. Marine Le Pen und Jordan Bardella lehnten jedoch ab. „Diese Verhandlungen dienen nicht den Interessen der Franzosen, sondern denen des Präsidenten“, erklärte das Rassemblement National und bekräftigte die Forderung nach Neuwahlen.

Auch das linksgrüne Lager suchte nach Antworten, blieb jedoch uneins. Während Linkspopulisten Neuwahlen und die Absetzung des Präsidenten fordern, hoffen Sozialisten und Grüne auf die Ernennung eines Premierministers aus ihren Reihen. „Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, zusammen unser Programm durchzusetzen“, hieß es von den Parteien.

Macron hatte Lecornus Rücktritt angenommen, ihm aber den Auftrag erteilt, bis Mittwochabend weiterzuverhandeln, um eine „Grundlage des Handelns und der Stabilität des Landes“ zu definieren. Die Möglichkeiten reichen offenbar bis zu einer erneuten Parlamentswahl – bisher hatte Macron dies abgelehnt. Seit der vorgezogenen Parlamentswahl 2024 hat das Regierungslager seine relative Mehrheit verloren, und die Nationalversammlung ist in drei zerstrittene Blöcke geteilt. Die Blockade verhinderte bislang die Verabschiedung des Sparhaushalts für 2026.

OZD / ©AFP

OZD-Kommentar

Macron steht am Scheideweg – und die Zeit drängt wie selten zuvor. – Das politische Fundament seiner Präsidentschaft bröckelt, selbst enge Vertraute zweifeln offen. – Ein Präsident, der sich „an sein Amt klammert“, statt mutig Entscheidungen zu treffen, riskiert, das Vertrauen in die Institutionen zu zerstören. – Philippe hat den Finger in die Wunde gelegt: Ohne klare Entscheidung droht ein geordneter Abgang zu scheitern. – Die Spaltung der Nationalversammlung zeigt, dass Reformen und Stabilität kaum mehr möglich sind. – Macron muss handeln, oder Frankreich stürzt in ein parlamentarisches Chaos. Prognose: Kommt kein Kompromiss zustande, werden Neuwahlen und politische Turbulenzen unvermeidlich sein.

Lesermeinungen

„Macron hat das Vertrauen der Nation verspielt. Ein Rücktritt wäre das einzige verantwortungsvolle Signal.“ – Anna Schreiber
„Es ist traurig zu sehen, wie ein Präsident an seinem Amt klebt, während das Land blockiert ist.“ – Thomas Berger
„Neuwahlen könnten frischen Wind bringen, aber die politischen Lager sind zu zerstritten. Die Krise ist noch lange nicht vorbei.“ – Laura Neumann

OZD-Analyse

Regierungskrise und politische Blockade
a) Frankreichs Nationalversammlung ist seit der Parlamentswahl 2024 in drei Lager gespalten – Regierungslager, Linke und Rechtspopulisten.
b) Die fehlende Mehrheit verhindert die Verabschiedung des Sparhaushalts 2026.
c) Diese Blockade erhöht den Druck auf Präsident Macron, Entscheidungen zu treffen.

Forderungen nach Macrons Rücktritt
a) Edouard Philippe fordert öffentlich vorgezogene Präsidentschaftswahlen als geordneten Ausstieg für Macron.
b) Gabriel Attal warnt vor Gefährdung des demokratischen Gleichgewichts, zeigt aber zugleich Distanz zu Macron.
c) Die unterschiedlichen Signale innerhalb des Lagers verdeutlichen tiefe politische Spannungen.

Rolle der Opposition
a) Rechtspopulisten lehnen Verhandlungen ab, verlangen Neuwahlen.
b) Linke Parteien sind uneins – Linkspopulisten wollen Präsidentenabsetzung, Sozialisten und Grüne hoffen auf Premierminister aus eigener Mitte.
c) Die Uneinigkeit erschwert jede kurzfristige Lösung und verschärft die Krise.

OZD-Erklärungen / Biographien

OZD-Erklärung: Wer ist Edouard Philippe?
Edouard Philippe ist ehemaliger Premierminister Frankreichs (2017–2020) und Gründer der Mitte-rechts-Partei Horizonte. Er gilt als gemäßigter Politiker, der in dieser Krise erstmals öffentlich Macrons Rücktritt fordert.

OZD-Erklärung: Wer ist Gabriel Attal?
Gabriel Attal ist Fraktionschef der Partei Renaissance, der Partei von Emmanuel Macron. Er ist bekannt für seine Nähe zum Präsidenten, zeigte in dieser Krise jedoch erstmals deutliche Distanz.

OZD-Erklärung: Was ist Rassemblement National?
Rassemblement National ist eine rechtspopulistische Partei in Frankreich, geführt von Marine Le Pen. Sie fordert Neuwahlen und lehnt Gespräche mit dem Präsidenten ab.

OZD-Erklärung: Was ist Neukaledonien?
Neukaledonien ist ein französisches Überseegebiet im Südpazifik. In der politischen Diskussion spielt es eine Rolle bei Verhandlungen über regionale Autonomie und finanzielle Zuweisungen.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr. 

Titelbild: AFP