Das chinesisch-singapurische Online-Unternehmen Shein gerät in Frankreich wegen des Verkaufs von Sexpuppen mit kindlichen Zügen zunehmend in Bedrängnis. Kurz vor der Eröffnung des weltweit ersten stationären Geschäfts im Pariser Kaufhaus BHV versprach Shein, vollständig mit den französischen Behörden zusammenzuarbeiten.
„Wir werden komplett transparent sein“, sagte der Sprecher von Shein Frankreich, Quentin Ruffat, am Dienstag im Radiosender RMC. Das Unternehmen sei bereit, „die Namen der Käufer solcher Puppen offenzulegen, falls die Justiz dies verlangt“. Das Angebot sei laut Ruffat auf einen „internen Fehler“ zurückzuführen. Shein werde „neue Vorsichtsmaßnahmen einführen, um so etwas künftig zu verhindern“.
Besonders empörend: Eine rund 80 Zentimeter große Puppe mit kindlichem Gesicht und einem Teddybären im Arm war für etwa 190 Euro als „Spielzeug für die männliche Masturbation“ angeboten worden. Nach französischen Medienberichten ermittelt die Staatsanwaltschaft nun wegen der Verbreitung pornografischer Darstellungen Minderjähriger gegen Shein und weitere Onlinehändler wie AliExpress.
Trotz der Vorwürfe wird der neue Shein-Store im BHV Paris am Mittwoch wie geplant eröffnet. BHV-Direktor Frédéric Merlin erklärte, er habe zunächst über einen Abbruch der Zusammenarbeit nachgedacht, sei jedoch vom Shein-Chef Donald Tang überzeugt worden, dass künftig „alle Produkte auf pädopornografische Inhalte geprüft“ würden. „Es ist abscheulich, was da angeboten wurde“, sagte Merlin.
Auch Wirtschaftsminister Roland Lescure übte scharfe Kritik: Sollte Shein weiter Produkte dieser Art verkaufen, könne Frankreich dem Unternehmen „den Marktzugang verwehren“. Vertreter von Shein sollen in den kommenden zwei Wochen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erscheinen.
Neben Shein stehen auch Temu, Wish und AliExpress im Fokus der französischen Justiz. Gegen mehrere Plattformen wird wegen der Verbreitung pornografischer Inhalte, die für Minderjährige zugänglich sind, ermittelt.
OZD
OZD-Kommentar:
Der Fall Shein zeigt, wie tief moralische Grenzen im Onlinehandel längst verwischt sind. Wenn ein Weltkonzern erst nach öffentlicher Empörung zusichert, „kooperativ“ zu sein, ist das kein Akt der Reue, sondern Krisenmanagement. Frankreich steht vor einem Präzedenzfall: Wie weit darf der Staat gehen, um digitale Plattformen zu kontrollieren, die global agieren – und wie viel Verantwortung tragen Händler, die mit „Fehlern im System“ Kindersexualisierung befördern? Die schnelle Entschuldigung Sheins wirkt wie eine PR-Reaktion, nicht wie ein Umdenken. Die Frage bleibt: Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Mini-Infobox:
– Ermittlungen wegen: Verbreitung pornografischer Darstellungen Minderjähriger
– Beteiligte Plattformen: Shein, AliExpress, Temu, Wish
– Investitionsstandort: Erstes Shein-Geschäft im Pariser BHV
– Preis der beanstandeten Puppe: ca. 190 Euro
– Shein verspricht Kooperation mit der Justiz
OZD-Analyse
Die Eskalation des Skandals
– Ursprung: Onlineverkauf von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild.
– Ermittlungen der französischen Justiz wegen möglicher Pädophilie-Darstellungen.
– Öffentlicher Druck zwingt Shein zur Reaktion kurz vor der Ladeneröffnung.
Sheins Verteidigungsstrategie
a) „Interner Fehler“ als Ausrede – das Unternehmen schiebt die Verantwortung ab.
b) Kooperationsangebot – Offenlegung der Kundennamen als Signal der Schadensbegrenzung.
c) Politisches Kalkül – kurz vor der Eröffnung in Paris geht es um das Markenimage, nicht um Moral.
Gesellschaftliche und politische Folgen
– Frankreich testet die Grenzen internationaler Onlineaufsicht.
– Wirtschaftlich mächtige Plattformen geraten in moralische Verantwortung.
– Die öffentliche Empörung könnte zum Wendepunkt im Kampf gegen digitale Auswüchse sexueller Gewalt werden.
Was ist Shein?
Shein ist ein internationaler Online-Modehändler mit Ursprung in China und Hauptsitz in Singapur. Das Unternehmen ist bekannt für extrem günstige Kleidung und Accessoires, steht jedoch regelmäßig wegen Menschenrechtsverletzungen, Umweltbelastung und mangelhafter Produktkontrollen in der Kritik.
Was ist das BHV Paris?
Das BHV (Bazar de l’Hôtel de Ville) ist eines der traditionsreichsten Kaufhäuser Frankreichs, gelegen im Zentrum von Paris. Es gehört zur Galeries-Lafayette-Gruppe und gilt als Symbol für Pariser Kaufhauskultur. Die Kooperation mit Shein löste eine breite Debatte über Ethik und Kommerz aus.
OZD-Extras
Fakten-Schock: Der französische Onlinehandel steht unter schärferer Beobachtung als je zuvor – allein 2024 leitete die Justiz über 70 Verfahren gegen Plattformen wegen jugendgefährdender Inhalte ein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.