Mitten in die entscheidende Phase der Weltklimakonferenz in Belém hat Papst Leo XIV. eine ungewöhnlich scharfe Mahnung an die Verhandler gerichtet. In einer am Montag veröffentlichten Video-Botschaft rief das Oberhaupt der katholischen Kirche die Delegationen aus rund 190 Staaten dazu auf, „unerschütterlich“ zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens zu stehen. Dieses Abkommen, vor zehn Jahren beschlossen, habe „echte Fortschritte“ gebracht und bleibe „das beste Mittel, um Menschen und den Planeten zu schützen“.
Der Papst widersprach damit indirekt der bitteren Diagnose von UN-Generalsekretär António Guterres, der zu Beginn der Konferenz erklärt hatte, die Weltgemeinschaft sei beim Einhalten der 1,5-Grad-Grenze „gescheitert“. Viele Wissenschaftler sehen eine mehrjährige Überschreitung inzwischen als unvermeidlich an. Doch Leo XIV. will die Hoffnung nicht aufgeben. „Es ist noch Zeit, einen dauerhaften Temperaturanstieg über 1,5 Grad zu verhindern – aber das Fenster schließt sich“, warnte er. Die Menschheit sei „als Hüter der Schöpfung Gottes aufgerufen zu handeln“.
Der moralische Appell erreicht Belém in einem heiklen Moment. In der zweiten und entscheidenden Woche ringen die Verhandler um zentrale Punkte: einen globalen Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen Energien, die Klimafinanzierung für ärmere Staaten und den Umgang mit umstrittenen Klimahandelsmechanismen. Gerade bei der Finanzierung blockieren Industriestaaten wie Deutschland neue Zusagen, während viele afrikanische Länder mehr Unterstützung einfordern.
UN-Klimasekretär Simon Stiell sprach nach Veröffentlichung der Botschaft von einem „kraftvollen Signal“. Die Worte des Papstes riefen die Konferenz dazu auf, „Hoffnung und Handeln zu wählen“ und die Menschen nicht zu vergessen, die heute schon unter „Überflutungen, Trockenheit, Stürmen und unaufhörlicher Hitze“ leiden.
Der Druck steigt – und mit der
Stimme des Papstes bekommt die Debatte eine neue moralische Wucht, die
viele Delegierte in Belém nicht ignorieren können.
OZD
Papst Leo XIV. sagt, was viele
Regierungen sich nicht trauen: Die Zeit des Schönredens ist vorbei.
Während Staatsvertreter in Belém um Formulierungen feilschen, die kaum
jemand außerhalb der Konferenzräume versteht, benennt der Papst die
Wahrheit – das Fenster zur Rettung der 1,5-Grad-Grenze schließt sich
rasant.
Doch die dramatische Botschaft offenbart zugleich die Peinlichkeit
dieses Gipfels: Dass erst ein Kirchenoberhaupt die Staaten daran
erinnern muss, wozu sie sich längst verpflichtet haben, zeigt, wie tief
die Klimapolitik in der Sackgasse steckt. Der politische Wille, fossile
Energien wirklich zu beenden, bleibt schwach – und wird vom
Lobbyeinfluss mächtiger Interessen ausgebremst.
Der Papst appelliert an das Gewissen. Die Verhandler aber stehen vor
einer Realität, die längst über moralische Worte hinausgewachsen ist.
Wenn Belém scheitert, ist es ein Scheitern der politischen Weltordnung –
nicht der Klimabewegung.
Mini-Infobox
– Papst Leo XIV. ruft COP30 zu „unerschütterlicher“ Klimapolitik auf
– Pariser Abkommen laut Papst „bestes Instrument“ für globalen Schutz
– Stiell spricht von „starkem Signal“ an Verhandler
– COP30 ringt um fossilen Ausstieg und Klimahilfen
– 1,5-Grad-Grenze laut Wissenschaft kaum noch zu halten
Moralischer Druck auf die Politik – Wirkung und Grenzen
– Der Papst setzt ein global sichtbares Zeichen –
– spirituelle Autorität erhöht den politischen Druck –
– doch ohne konkrete Zusagen bleibt es symbolisch –
– religiöse Appelle stoßen in der Realpolitik oft an harte Grenzen.
Zentraler Konflikt: fossiler Ausstieg gegen geopolitische Interessen
– viele Schwellenländer wehren sich gegen klare Ausstiegstexte –
– Industriestaaten fürchten wirtschaftliche Nachteile –
– fossile Lobbygruppen beeinflussen die Verhandlungen –
– ohne gemeinsamen Fahrplan bleibt die Klimapolitik zersplittert.
Klimafinanzierung als Schlüsselfrage für den globalen Süden
– Entwicklungsländer fordern mehr Mittel für Anpassung –
– Industriestaaten zögern wegen Haushaltsengpässen –
– Vertrauenskrise prägt die Verhandlungen –
– ohne verlässliche Finanzierung drohen die Ziele von Belém zu scheitern.
Wer ist Papst Leo XIV.?
Papst Leo XIV. ist das derzeitige Oberhaupt der römisch-katholischen
Kirche. Sein Pontifikat ist geprägt von einer starken Fokussierung auf
soziale Gerechtigkeit, internationale Solidarität und den Schutz der
Umwelt.
Was ist die COP30?
Die COP30 ist die jährliche UN-Klimakonferenz, die diesmal im
brasilianischen Belém stattfindet. Staaten verhandeln dort über globale
Klimaschutzmaßnahmen und die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.
Was bedeutet die 1,5-Grad-Grenze?
Die 1,5-Grad-Grenze ist das zentrale Ziel des Pariser Abkommens: Die
Welt soll sich im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter nicht um mehr
als 1,5 Grad Celsius erwärmen. Eine Überschreitung erhöht das Risiko
für Extremwetter, Artensterben und Kipppunkte im Klimasystem.
OZD-Extras
Kaum bekannt: Der Vatikan arbeitet derzeit an einer eigenen
Klima-Studie, die interne Emissionsdaten offenlegen soll – ein Novum für
einen souveränen Kleinstaat.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.