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Wie Discounter den Lebensmittelmarkt dominieren – und was das für Preise, Qualität und Bauern bedeutet

Discounter wie Aldi und Lidl prägen den deutschen Lebensmittelmarkt. Ihr Geschäftsmodell hat Folgen für Preise, Qualität und die gesamte Lieferkette.

Die Macht der Discounter – ein System, das Deutschland verändert hat

Aldi, Lidl, Netto und Penny sind längst nicht nur Billiganbieter – sie bestimmen, wie der deutsche Lebensmittelmarkt funktioniert. Kein anderes Land in Europa hat einen ähnlich hohen Discounter-Anteil. In Deutschland stammen rund 50 % aller Lebensmitteleinkäufe aus Discountern.
Diese besondere Marktstruktur hat weitreichende Folgen für Preisbildung, Sortimente und landwirtschaftliche Erlöse.

Das Erfolgsmodell der Discounter: Wenige Marken, große Mengen, maximaler Druck 

1. Wenige Artikel, dafür riesige Mengen

Discounter bieten bewusst nur eine stark reduzierte Auswahl an Marken und Produkten an – oft nur ein bis zwei Varianten pro Kategorie.
Vorteile für die Händler:

- enorme Einkaufsmengen

- massive Preisvorteile gegenüber Herstellern

- hohe Verhandlungsmacht

2. Eigenmarken als Druckmittel

Eigenmarken – oft vom selben Hersteller produziert – machen im Discount-Sortiment bis zu 80 % aus.
Das gibt den Ketten zwei Hebel:

- sie sind weniger abhängig von Markenartikeln

- sie können Preise nach unten drücken, weil sie jederzeit den Lieferanten austauschen können

3. Effiziente Logistik als Wettbewerbsvorteil

Großlager, standardisierte Prozesse, schnelle Warenrotation.
Die Folge: geringe Betriebskosten und aggressive Preissetzung.

Folgen für Verbraucher: Günstig – aber nicht immer gut

Discounter ermöglichen niedrige Preise. Das ist für viele Haushalte unverzichtbar, besonders in Zeiten hoher Inflation.
Trotzdem gibt es strukturelle Nachteile:

- Weniger Vielfalt

- Marken werden zunehmend verdrängt, regionale Produkte sind seltener zu finden.

- Qualitätsdruck

Der extreme Preisdruck kann langfristig Auswirkungen auf die Qualität von Rohstoffen haben – gerade bei tierischen Produkten.

Abhängigkeit vom Preissignal

Discounter definieren, was „normal“ kostet. Verbraucher orientieren sich daran – selbst Vollsortimenter müssen nachziehen.

Folgen für Landwirte: Der härteste Wettbewerb findet unter der Ladenfläche statt

Der Preisdruck wird entlang der Lieferkette weitergegeben.

Landwirte berichten seit Jahren:

- kaum echte Preisverhandlungen

- kurzfristige Verträge

- Abhängigkeit von wenigen Abnehmern (z. B. Molkereien, Schlachtereien)

- hohe Standards bei gleichzeitig niedrigen Abnahmepreisen

Das Ergebnis ist ein strukturelles Ungleichgewicht, das sich in vielen Sektoren massiv bemerkbar macht:

- Milchpreis oft unter Produktionskosten

- dramatischer Strukturwandel: Höfe sterben aus

- Investitionen werden zurückgehalten

Folgen für Hersteller: Wer nicht groß ist, verliert

Für Markenhersteller und Produzenten gilt:

- Discounter können Lieferstopps durchsetzen

- Preise werden diktiert

- Wer nicht liefert, verliert Marktanteile – oft unwiederbringlich

- Viele Hersteller produzieren heute sogar für die Eigenmarken der Discounter, weil es sonst kaum Überlebenschancen gibt.

Warum Discounter den Markt prägen – und nicht nur bedienen

Der deutsche Lebensmittelmarkt wurde durch den Discount geprägt, nicht umgekehrt.
Aldi erfand das Prinzip der radikalen Preisführerschaft – Lidl perfektionierte es.

Heute gilt:

Vollsortimenter müssen ebenfalls günstige Eigenmarken bieten

Qualität, Vielfalt und Regionalität konkurrieren mit dem Preissignal

selbst Bio-Produkte wurden „discountfähig“ gemacht

Kommentar: Deutschland ist ein Discount-Land – doch der Preis dafür ist hoch

Günstige Lebensmittel sind wichtig, keine Frage. Aber das deutsche Discount-Modell hat Nachteile, die nun sichtbarer denn je werden:

- hoher Preisdruck nach unten

- wenig Spielraum für Landwirte

- Standardisierung statt Vielfalt

- Domnanz weniger Handelsunternehmen

Wenn Politik, Bauern und Hersteller über „faire Preise“ sprechen, müssen sie vor allem über eines reden:
die Macht des Discounts – und wie man sie ausbalancieren kann.

OZD



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Bild: Pixabay