Minimalkompromiss statt Durchbruch: COP30 ringt ohne Erfolg um fossilen Ausstieg
Nach über zwei Wochen intensiver Verhandlungen hat die UN-Klimakonferenz in Belém (COP30) lediglich einen Minimalkompromiss erreicht. Der von der EU geforderte verbindliche Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen Energien scheiterte an einer breiten Allianz von Erdölstaaten.
Der neue, achtseitige Beschlussentwurf enthält das Wort „fossile“ nicht einmal. Stattdessen verweist er nur allgemein auf den bereits in Dubai formulierten Aufruf zu einem „Übergang weg von fossilen Energieträgern“. Für viele Beobachter ist dies ein deutliches Zeichen: Die größten Emittenten und Förderländer blockieren entscheidende Fortschritte.
1,5-Grad-Ziel im Fokus – aber ohne klare Umsetzungspflichten
Der Beschluss bekräftigt zwar erneut die Dringlichkeit, den weltweiten Treibhausgas-Ausstoß deutlich zu reduzieren, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens einzuhalten. Doch verbindliche Zwischenziele oder Maßnahmen fehlen.
Um wenigstens ambitionierteren Staaten eine Plattform zu geben, soll ein neuer Globaler Umsetzungsbeschleuniger („Global Implementation Accelerator“) entstehen. Unter dem Dach der UN-Klimakonferenzen sollen dort Projekte und Initiativen gebündelt vorangetrieben werden – freiwillig, nicht verpflichtend.
Klimafinanzierung: Entwicklungsländer setzen sich durch
Einziger klarer Erfolgspunkt der COP30:
Die Klimaanpassungs-Hilfen für Entwicklungsländer sollen bis 2035 verdreifacht werden – auf künftig etwa 120 Milliarden Dollar jährlich. Staaten des Globalen Südens hatten massiv darauf gedrängt, weil sie die extremen Folgen der Erderwärmung bereits jetzt besonders hart treffen.
Streitpunkt Handelsmaßnahmen: Neuer Dialog mit WTO
Zum ersten Mal soll ein internationaler Dialog zu klimapolitischen Handelsinstrumenten starten – auch unter Einbeziehung der Welthandelsorganisation (WTO).
Hintergrund sind Vorwürfe von China und anderen Schwellenländern, EU-Maßnahmen wie der Grenzausgleichsmechanismus CBAM würden ihre Exporte benachteiligen.
EU enttäuscht – doch der Prozess soll nicht blockiert werden
Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) äußerte sich spürbar ernüchtert:
„Ein bisschen enttäuscht“ seien er und die EU über den fehlenden Durchbruch beim fossilen Ausstieg. Die EU sei einer entschlossenen Koalition von Ölstaaten gegenübergestanden.
Trotzdem betonen Schneider und EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra, dass der Beschluss „in die richtige Richtung“ gehe und keinesfalls ein Rückschritt sei. Die EU wolle nun vor der nächsten COP neue Allianzen für ein globales „Stopp-Schild“ gegen fossile Energien schmieden.
Schneiders Staatssekretär Jochen Flasbarth begründete die Zustimmung der EU: Es gebe „keinen anderen Prozess“, um den globalen Klimaschutz voranzubringen – ein Scheitern der Konferenz wäre fatal.
Reaktionen aus Brasilien, China und Zivilgesellschaft
Brasiliens Präsident Lula da Silva feierte die Einigung als Sieg des Multilateralismus. Auch Chinas Chefunterhändler Li Gao sprach von einem Erfolg „in einer sehr schwierigen Situation“.
Umweltschützer sehen das anders:
Greenpeace Deutschland kritisierte das Ergebnis als völlig unzureichend. Es fehle sowohl ein konkreter Ausstiegspfad aus fossilen Energien als auch ein Fortschritt beim Waldschutz. Vorstand Martin Kaiser sagte:
„Dieses Ergebnis lässt die Welt allein mit der Frage, wer die Profitgier der fossilen Industrie bremst.“
Kommentar: Die COP30 zeigt die Grenzen globaler Klimapolitik
Der Minimalkompromiss von Belém ist symptomatisch: Wenn es um fossile Energien, das Rückgrat vieler Volkswirtschaften, geht, blockieren mächtige Produzentenländer jeden klaren Schritt. Die EU setzt auf Ambition – steht aber oft allein.
Entwicklungsländer sichern sich wichtige Anpassungsmittel, doch ohne klaren globalen Ausstiegspfad bleibt das 1,5-Grad-Ziel theoretisch.
Die COP30 offenbart damit erneut das Kernproblem internationaler Klimaverhandlungen:
Alle müssen zustimmen – und genau das verhindert oft den Fortschritt.
OZD
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Bild: AFP