USA koppeln Stahlzölle an EU-Digitalregeln – Analyse, Hintergründe und Kommentar
Die US-Regierung erhöht den Druck auf Brüssel: US-Handelsminister Howard Lutnick forderte in Brüssel Änderungen an den europäischen Digitalregeln – und stellte im Gegenzug niedrigere Stahl- und Aluminiumzölle in Aussicht. Eine ungewöhnlich direkte Verknüpfung zweier eigentlich unabhängiger Politikfelder, die in der EU für Aufmerksamkeit sorgt.
Was die USA fordern – und warum
Lutnick drängt darauf, dass die EU ihre Digitalgesetze, insbesondere die Verfahren gegen US-Techkonzerne wie Meta, Apple und Google, neu bewertet oder entschärft. Washington sieht durch die europäischen Maßnahmen die globalen Einnahmen seiner Unternehmen bedroht.
Die Botschaft ist klar: Erst wenn die EU signalisiert, dass „alte Fälle geklärt“ und künftige Regeln für die USA akzeptabel sind, wird über niedrigere Stahlzölle gesprochen.
Reaktion der EU – vorsichtig offen
EU-Handelskommissar Maros Sefcovic zeigte sich gesprächsbereit, betonte jedoch, dass die europäischen Regeln nicht gegen US-Unternehmen gerichtet seien, sondern für alle gelten. Die Bereitschaft, „den Prozess rund um digitale Fragen zu prüfen“, deutet darauf hin, dass Brüssel versucht, Konflikte zu vermeiden – ohne die eigene Rechtsstaatlichkeit preiszugeben.
Hintergrund: Milliardenstrafen und laufende Verfahren
Aktuell laufen mehrere Verfahren gegen große US-Konzerne wegen angeblicher Verstöße gegen EU-Digital- und Wettbewerbsregeln. Die EU verhängte zuletzt erneut Milliardenstrafen gegen Google.
Für die US-Regierung ist das ein Reizpunkt – Washington sieht seine Digitalwirtschaft systematisch benachteiligt.
EU drängt gleichzeitig auf Zollsenkungen
Die europäischen Handelsminister fordern ihrerseits eine Senkung der immer noch 50-prozentigen US-Stahlzölle. Zwar einigte man sich im Sommer auf andere Zollanpassungen, doch bei Stahl und Aluminium bleibt die Lage festgefahren.
Analyse: America First trifft auf EU-Regulierung
Die US-Strategie ist klar kalkuliert:
Druck auf die EU über ein hochsensibles Handelsinstrument
Schutz der eigenen Tech-Giganten
Versuch, europäische Regulierung zu entschärfen
Dabei nutzt Washington die Hebelwirkung der Stahlzölle – ein wirtschaftlich kleiner, politisch aber hochwirksamer Sektor.
Kommentar: Gefährliche Verknüpfung
Die Kopplung zweier völlig unterschiedlicher Themenbereiche – Digitalregulierung und Stahlhandel – ist riskant.
Die EU darf nicht den Eindruck erwecken, dass Kartell- und Digitalrechtsfragen verhandelbar sind. Gleichzeitig ist sie wirtschaftlich daran interessiert, die Zölle zu senken.
Die Herausforderung besteht darin, Souveränität in der Digitalpolitik zu bewahren und dennoch eine Deeskalation im Handelskonflikt zu erreichen. Dass die USA klar signalisieren, zuerst „Fälle zu klären“ und Regeln zu ändern, bevor Handelszugeständnisse kommen, zeigt: Washington sieht die EU-Digitalregeln als geopolitisch relevantes Machtinstrument.
OZD
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Bild: AFP