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Es war eine Kanzlerwahl, wie sie die Bundesrepublik noch nie erlebt hat: Erst im zweiten Anlauf erhielt Friedrich Merz die nötige Mehrheit im Bundestag, um zum neuen Regierungschef gewählt zu werden. Im ersten Wahlgang scheiterte der CDU-Chef überraschend knapp – eine historische Blamage für die Union und ein Beleg für die politische Zerbrechlichkeit der neuen Regierungskoalition.
Im zweiten Wahlgang kam Merz dann auf 325 Stimmen – neun mehr als die erforderliche Kanzlermehrheit. Damit steht fest: Deutschland hat seinen zehnten Bundeskanzler. Die Wahl erfolgte nach stundenlangen Krisengesprächen zwischen Union, SPD, Grünen und Linken. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sollte Merz noch am selben Tag auf Schloss Bellevue die Ernennungsurkunde überreichen. Anschließend war die Vereidigung im Bundestag vorgesehen – ebenso wie die Ernennung der neuen Bundesministerinnen und -minister.
Bereits im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass der Weg zur Kanzlerschaft für Merz steinig werden könnte. Zwar war die Union bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar stärkste Kraft geworden, doch die geplante Koalition mit der SPD steht auf wackligen Beinen. Das zeigte sich schmerzhaft im ersten Wahlgang: Nur 310 Stimmen entfielen auf Merz – sechs zu wenig. Die rechtzeitige Durchführung eines zweiten Wahlgangs am selben Tag war nur dank einer Fristverkürzung möglich, der eine Zweidrittelmehrheit zustimmen musste. Neben Grünen und Linken stimmte auch die AfD zu, was die Debatte zusätzlich polarisierte. Gespräche mit der AfD hatte es offiziell nicht gegeben.
Union, SPD, Grüne und Linke betonten vor dem zweiten Wahlgang die Dringlichkeit einer Regierungsbildung. "Deutschland braucht eine handlungsfähige Regierung", mahnte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger. Auch SPD-Politikerin Katja Mast forderte eine zügige Entscheidung. Die Grünen und die Linke unterstützten die Wahl aus prozeduraler Verantwortung heraus – nicht jedoch das Regierungsprogramm der neuen schwarz-roten Koalition. Grünen-Politikerin Irene Mihalic kritisierte es offen, Linken-Mann Christian Görke sprach von einer "krachenden Niederlage" im ersten Wahlgang und einem "schlechten Koalitionsvertrag".
Die AfD übte grundsätzliche Kritik. Obwohl ihre Stimmen zur Geschäftsordnungsänderung beitrugen, stellte ihr Fraktionsgeschäftsführer Baumann klar: Diese Regierung sei instabil und werde es bleiben. Gleichzeitig bot er CDU und CSU eine Zusammenarbeit an – ein politisches Signal mit hoher Sprengkraft, da die AfD vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.
OZD / AFP.
OZD-Kommentar:
Diese Kanzlerwahl war ein Offenbarungseid für das politische Berlin.
Friedrich Merz mag nun Kanzler sein – aber der Makel der ersten
Niederlage wird ihm anhaften. Dass ein CDU-Chef, der mit der SPD
regieren will, im ersten Durchgang durchfällt, zeugt von mangelnder
Geschlossenheit und tiefem Misstrauen in den eigenen Reihen.
Noch gravierender ist jedoch die politische Hypothek: Ein zweiter Wahlgang, ermöglicht durch eine Fristverkürzung mit Hilfe der Grünen, Linken – und der rechtsextremen AfD. Auch wenn keine direkten Gespräche mit der AfD stattfanden, bleibt der Beigeschmack bestehen. Der Schatten des zweiten Wahlgangs wird über dieser Regierung liegen, deren Fundament wackeliger kaum sein könnte. Wer so ins Amt stolpert, wird keine kraftvolle Politik gestalten, sondern um jeden Tag Stabilität ringen müssen. Eine Kanzlerschaft auf Zeit scheint vorprogrammiert.
OZD-Analyse
1. Die Besonderheit des zweiten Wahlgangs
a) Die Kanzlerwahl scheiterte erstmals im ersten Wahlgang – das gab es in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie.
– Merz fehlten sechs Stimmen zur absoluten Mehrheit von 316.
– 289 Nein-Stimmen und eine Enthaltung zeugen von Widerstand im Parlament.
b) Die kurzfristige Durchführung des zweiten Wahlgangs erforderte eine Änderung der Geschäftsordnung.
– Dafür war eine Zweidrittelmehrheit notwendig, die nur mit Grünen, Linken und AfD zustande kam.
– Dies verdeutlicht die angespannte Lage und die Angst vor politischem Stillstand.
2. Das Bündnis CDU/CSU-SPD
a) Eine große Koalition alter Prägung – ohne Mehrheit im ersten Versuch.
– Das zeigt interne Konflikte und geringe Begeisterung für den Koalitionsvertrag.
b) Die SPD wirkt gespalten: Olaf Scholz tritt ab, aber wie groß ist die Loyalität zu Merz?
– Auch strategische Erwägungen könnten eine Rolle gespielt haben – etwa für eine Schwächung des neuen Kanzlers.
3. Rolle der Opposition
a) Grüne und Linke stimmten zwar für die Fortführung des Wahlverfahrens, nicht aber für Merz.
– Sie grenzen sich klar vom Koalitionsvertrag ab.
b) Die AfD agiert strategisch: Zustimmung zum Verfahren, Angebot der Zusammenarbeit an CDU/CSU.
– Das ist politisch brisant, denn sie wird vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
– Ihre Positionierung könnte künftige Debatten im Bundestag deutlich radikalisieren.
Was ist der Bundestag?
Der Deutsche Bundestag
ist das Parlament der Bundesrepublik Deutschland mit Sitz in Berlin. Er
wird alle vier Jahre gewählt und ist das gesetzgebende Organ. Der
Bundestag wählt den Bundeskanzler und kontrolliert die Regierung. Mit
seinen 630 Abgeordneten bildet er das Herzstück der parlamentarischen
Demokratie.
Was ist der Bundeskanzler?
Der Bundeskanzler ist
der Regierungschef der Bundesrepublik Deutschland. Er wird vom
Bundestag gewählt und vom Bundespräsidenten ernannt. Der Kanzler
bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt die Verantwortung
gegenüber dem Parlament. Seine Machtbasis hängt entscheidend von der
Stabilität der Koalition im Bundestag ab.
Was ist der Bundesverfassungsschutz?
Der Bundesverfassungsschutz (BfV)
ist der Inlandsnachrichtendienst der Bundesrepublik Deutschland. Er
beobachtet Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische
Grundordnung richten. Die AfD wurde vom BfV als „gesichert
rechtsextremistisch“ eingestuft und steht daher unter besonderer
Beobachtung.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.