Trotz Stolperstein am Morgen will das Kabinett nun schnell in die Arbeit einsteigen. Doch der verspätete Amtsantritt wirft erste Schatten auf die Stabilität der neuen Koalition.
Was ist passiert?
Am Dienstagabend legten die neuen Ministerinnen und Minister der Koalition aus CDU, CSU und SPD ihren Amtseid im Bundestag ab. Zuvor waren sie von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue offiziell ernannt worden.
Damit ist das Kabinett unter dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz nun vollständig und handlungsfähig. Bereits für 22 Uhr war die erste Kabinettssitzung im Bundeskanzleramt angesetzt. Dort sollte auch ein Organisationserlass verkündet werden, in dem Merz die Zuständigkeiten der einzelnen Ministerien neu regelt.
Der Start der neuen Regierung verzögerte sich jedoch um mehrere Stunden. Hintergrund war der ungewöhnliche Verlauf der Kanzlerwahl: Merz verfehlte am Vormittag im ersten Wahlgang die nötige Mehrheit – erst am Nachmittag wurde er im zweiten Anlauf gewählt.
Was bedeutet das?
Die Verspätung des Regierungsstarts ist mehr als nur ein formales Problem. Sie verweist auf erste Spannungen innerhalb der neuen Koalition und wirft ein Schlaglicht auf mögliche Disziplinprobleme – entweder in der Union oder bei der SPD. Für einen Kanzler, der mit Autorität und Ordnung punkten will, ist ein solcher Fehlstart symbolisch heikel.
Zugleich macht die zügige Vereidigung und erste Kabinettssitzung deutlich: Merz will keine Zeit verlieren. Der politische Schaden des Vormittags soll durch Tempo und Entschlossenheit am Abend repariert werden. Ob dieser Neustart gelingt, hängt maßgeblich davon ab, wie geschlossen das Kabinett künftig auftritt.
Was sagen die Beteiligten?
Bundespräsident Steinmeier: Überreichte den neuen Regierungsmitgliedern in Bellevue die Ernennungsurkunden – ein Akt der Kontinuität, trotz der Turbulenzen.
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU): Führte die Vereidigung im Parlament durch – ebenfalls ohne sichtbare Reibungen.
Kanzler Merz: Zeigt sich entschlossen, schnell zur Regierungsarbeit überzugehen – der späte Sitzungstermin am selben Abend unterstreicht das politische Signal: Jetzt wird geliefert.
Einordnung & Kommentar:
Ein Kanzler, der erst im zweiten Wahlgang ins Amt kommt, eine Regierung, die mit Verspätung startet – das ist kein idealer Auftakt. Dennoch ist der politische Betrieb nun aufgenommen. Entscheidend wird sein, ob dieser erste Knick als einmalige Panne oder als Vorbote tiefer liegender Probleme zu deuten ist.
Für Friedrich Merz ist die Herausforderung klar: Er muss Führungsstärke demonstrieren, ohne dabei die Koalitionspartner vor den Kopf zu stoßen. Gerade weil er als durchsetzungsstark und bisweilen konfrontativ gilt, ist nun auch Integrationsfähigkeit gefragt. Sein Organisationserlass wird zeigen, wie sehr Merz Kontrolle ausüben – oder Macht teilen – will.
Ausblick:
Mit der konstituierten Regierung beginnt nun die Phase der inhaltlichen Arbeit. Die ersten Kabinettsbeschlüsse und Personalentscheidungen werden genau beobachtet werden – auch als Gradmesser für die Koalitionsharmonie. Klar ist: Nach dem schwierigen Einstieg gibt es für das Kabinett Merz keine Schonfrist.
OZD
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Bild: AFP