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Unglaublicher Eklat beim FIFA-Kongress: Europas Spitze boykottiert Infantino

Aus Protest gegen FIFA-Präsident Infantino haben Neuendorf und andere UEFA-Funktionäre den Kongress in Paraguay verlassen – ein beispielloser Vorgang.

Ein offener Eklat erschüttert die FIFA: Mehrere hochrangige Vertreter der Europäischen Fußball-Union (UEFA), darunter auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf, haben beim 75. FIFA-Kongress in Asunción aus Protest vorzeitig den Saal verlassen. Anlass war der Umgang mit der verspäteten Ankunft von FIFA-Präsident Gianni Infantino, der den Beginn des Kongresses um mehr als drei Stunden verzögert hatte.

Der Schweizer hatte sich zuvor US-Präsident Donald Trump auf dessen Auslandsreise in den Nahen Osten angeschlossen – und ließ dafür das höchste Gremium des Weltfußballs warten. Am Ende begannen die Beratungen mit über drei Stunden Verzögerung. Nach der Rede Infantinos und einer anschließenden Kaffeepause blieben zahlreiche Sitze leer – insbesondere jene der acht UEFA-Council-Mitglieder, darunter Klaveness, Neuendorf und weitere Präsidenten aus Skandinavien, Benelux und Mitteleuropa.

„Die Situation ist besorgniserregend. Wir erwarten nun von der FIFA, dass sie ihren Mitgliedern die Situation erklärt und sicherstellt, dass die Stimmen der Mitgliedsverbände in Zukunft gehört und respektiert werden“, sagte Norwegens Verbandschefin Lise Klaveness. Eine Stellungnahme der UEFA blieb zunächst aus.

Infantino erklärte gegenüber den 210 anwesenden Verbänden, er habe „wichtige Gespräche mit führenden Politikern und Wirtschaftsvertretern“ geführt und entschuldigte sich für „Unannehmlichkeiten“. Er habe sich verpflichtet gefühlt, „den Fußball zu vertreten“. Doch seine Ankunft erfolgte erst während der eigentlichen Startzeit des Kongresses – laut Sportschau befand sich der Qatar-Airways-Privatflieger noch im brasilianischen Luftraum, als der Kongress eigentlich beginnen sollte.

Das Vertrauen der europäischen Verbände in die FIFA-Spitze steht damit auf dem Prüfstand – und die Gräben vertiefen sich.

OZD / ©AFP.

OZD-Kommentar
Was sich beim FIFA-Kongress in Paraguay ereignete, ist mehr als nur ein organisatorisches Versäumnis – es ist ein symbolischer Offenbarungseid. Wenn der Präsident des mächtigsten Fußballverbandes der Welt es für wichtiger hält, US-Präsident Trump auf einer PR-Reise zu begleiten, statt pünktlich zum wichtigsten Gremium seines eigenen Hauses zu erscheinen, dann ist das ein beispielloser Ausdruck von Machtarroganz.

Dass führende Vertreter Europas – darunter auch DFB-Chef Bernd Neuendorf – den Saal demonstrativ verließen, ist keine Petitesse, sondern ein Fanal: Der Geduldsfaden ist gerissen. Die FIFA geriert sich unter Infantino wie ein Weltkonzern ohne Kontrolle – die demokratischen Strukturen, die Mitgliedsverbände, das Prinzip Gleichberechtigung: all das wirkt wie Staffage. Der Boykott war ein Warnsignal. Und wenn Infantino glaubt, er könne seine Macht auf Dauer über Flieger, Deals und Großveranstaltungen sichern, dann hat er die Integrität des Weltfußballs schon verloren.

OZD-Analyse

1. Was ist passiert?
a) Verspätung mit Ansage:
– Ursprünglicher Kongressbeginn um 14:30 Uhr MESZ
– Zweimalige Verschiebung am Vorabend und Kongresstag
– Tatsächliche Ankunft Infantinos erst während laufender Versammlung
b) Reaktion der UEFA-Delegierten:
– Boykott der zweiten Hälfte
– Vorwurf mangelnder Respekt und Intransparenz

2. Die politischen Hintergründe
a) Infantinos Nähe zur Politik:
– Begleitung von Donald Trump auf Nahost-Reise
– Verquickung von Sport und geopolitischen Interessen
b) Europäischer Frust:
– UEFA fühlt sich regelmäßig übergangen
– Forderung nach mehr Mitsprache und klaren Regularien

3. Folgen für die FIFA?
a) Reputationsschaden und Vertrauensbruch
– Offener Protest hochrangiger Mitglieder beispiellos
– Schwächung von Infantinos Führungsautorität innerhalb der FIFA
b) Forderung nach Reformen?
– Mehr Kontrolle über Präsidentenbefugnisse?
– Ruf nach Transparenz, klaren Protokollen, Rechenschaft

Wer ist Gianni Infantino?
Gianni Infantino, geboren 1970 in der Schweiz, ist seit 2016 Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA. Er folgte auf den skandalumwitterten Sepp Blatter und versprach einst Reformen, Transparenz und Integrität. Unter seiner Führung expandierte die FIFA wirtschaftlich stark – doch immer wieder geriet er wegen autoritärem Führungsstil und zu großer Nähe zur Politik in die Kritik.

Was ist der FIFA-Kongress?
Der FIFA-Kongress ist das höchste Entscheidungsorgan des Fußball-Weltverbandes. Er tagt jährlich, alle 211 Mitgliedsverbände sind stimmberechtigt. Dort werden unter anderem strategische Weichen gestellt, Reformen beschlossen und Wahlen durchgeführt. Der Präsident hat dort Rechenschaft abzulegen – theoretisch.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.



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