Mehr als 50 Tote binnen weniger Stunden, darunter dutzende Kinder – wieder einmal. Diesmal trifft es ein Schulgebäude in Gaza-Stadt, das als Zufluchtsort für Vertriebene diente. 33 Menschen sterben dort, nach palästinensischen Angaben, weitere 19 bei einem Angriff in Dschabalia. Und die internationale Gemeinschaft? Reagiert bestenfalls mit Besorgnis, schlimmstenfalls mit Schweigen.
Israel betont, es habe „Terroristen aus der ersten Reihe“ ins Visier genommen. Doch diese Begründung wirkt zunehmend routiniert – und hohl. In einem Gebäude, in dem geflüchtete Familien Unterschlupf suchen, wird eine vermeintliche militärische Notwendigkeit behauptet, die letztlich im Tod von Kindern mündet. Dass Israel das Recht hat, sich gegen Angriffe der Hamas zu verteidigen, ist unstrittig. Doch Verteidigung verliert ihre moralische und völkerrechtliche Legitimität, wenn sie wiederholt in gezielter Gewalt gegen Zivilisten mündet.
Die offizielle Zahl der Toten im Gazastreifen liegt inzwischen bei rund 60.000 – die allermeisten von ihnen Zivilistinnen und Zivilisten. Die israelische Armee spricht von „präzisen Angriffen auf militärische Ziele“. Doch wie präzise ist eine Kriegsführung, bei der regelmäßig Schulgebäude, Flüchtlingslager oder Krankenhäuser zerstört werden?
Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen eskaliert weiter – während die Stimmen aus den Hauptstädten des Westens allzu oft verstummen oder sich in formelhaften Appellen erschöpfen. Ein Luftangriff auf eine Schule mit dutzenden toten Kindern müsste in einer funktionierenden internationalen Ordnung ein Aufschrei sein. Stattdessen: Routine.
Kritik an Israels Vorgehen bedeutet nicht, die Verbrechen der Hamas zu relativieren. Der Angriff vom 7. Oktober 2023 war ein barbarischer Bruch jeglichen zivilisatorischen Kodex. Doch Unrecht rechtfertigt kein neues Unrecht. Und der gezielte oder fahrlässig in Kauf genommene Tod von Zivilisten darf niemals als „Kollateralschaden“ bagatellisiert werden.
Wenn der Krieg in Gaza eines zeigt, dann dies: Die politische und militärische Logik der absoluten Vergeltung führt nicht zu Sicherheit – sondern zu immer neuen Gräbern, Trümmern und Traumata. Für Israelis wie für Palästinenser. Wer eine nachhaltige Lösung will, muss das Töten beenden – nicht legitimieren.
OZD
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