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Sexualisierte Gewalt in Kindheit: Die bedrückende Realität hinter jeder achten Biografie

Jede*r Achte war betroffen, jede fünfte Frau – sexualisierte Gewalt in der Kindheit ist in Deutschland erschreckend verbreitet. Die neue Studie zeigt nicht nur das Ausmaß, sondern auch das Versagen einer Gesellschaft beim Schutz der Schwächsten.

Die Zahlen sind erschütternd – und sie sind bekannt. Nicht in ihren Details, wohl aber in ihrer Botschaft: sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist kein Randphänomen, sondern bittere Normalität. Jeder achte Mensch in Deutschland wurde als Kind oder Jugendliche*r sexuell missbraucht. Bei jungen Frauen unter 30 ist es sogar mehr als jede Vierte. Das ist nicht nur eine Zahl – das sind Biografien, zerbrochenes Vertrauen, lebenslange Narben.

Die heute veröffentlichten Studienergebnisse zeigen, dass trotz aller Aufklärungskampagnen, trotz Missbrauchsskandalen in Kirchen, Heimen oder im Sport, das Dunkelfeld kaum kleiner geworden ist. Die Täter sind fast ausschließlich Männer. Die Tatorte: häufig das familiäre Umfeld, dort, wo Schutz geboten werden sollte. Auch digitale Räume spielen längst eine gravierende Rolle – und doch bleibt die politische Reaktion darauf oft halbherzig.

Was diese Studie unmissverständlich klar macht: Wir brauchen keinen Erkenntnisgewinn mehr – wir brauchen Konsequenz. Schutzkonzepte, wie sie Schulen, Kirchen, Vereine oder Pflegeeinrichtungen formulieren, dürfen keine Alibipapiere bleiben. Sie müssen verpflichtend, überprüfbar und wirksam sein. Wer mit Kindern arbeitet, muss geschult und kontrolliert werden – regelmäßig, nicht punktuell.

Besonders schwer wiegt, dass über ein Drittel der Betroffenen nie über das Erlebte gesprochen hat. Angst und Scham sind die häufigsten Gründe – und sie zeigen, wie wenig Raum unsere Gesellschaft Betroffenen bietet, ohne Angst vor Stigmatisierung, Schuldumkehr oder Ignoranz.

Sexualisierte Gewalt ist kein individuelles Schicksal, sondern ein strukturelles Problem. Es reicht nicht, Täter zu verurteilen – wir müssen verhindern, dass sie überhaupt Zugang bekommen. Das bedeutet Prävention, Früherkennung, Transparenz. Und: eine Politik, die hinsieht, statt nur betroffen zu reagieren, wenn die nächste Schlagzeile kommt.

Die Frage ist nicht mehr, ob wir handeln müssen. Sondern, warum wir es bisher so wenig getan haben.

OZD



Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP