Es ist ein selten deutlicher Ton aus Berlin – und ein überfälliger. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat bei seinem Treffen mit Israels Außenminister Gideon Saar Klartext gesprochen: Die Genehmigung weiterer Siedlungen im Westjordanland sei völkerrechtswidrig und gefährde die Perspektive auf eine Zwei-Staaten-Lösung. Damit rückt erstmals seit Langem wieder ein deutscher Spitzenpolitiker den völkerrechtlichen Kompass ins Zentrum der Nahostpolitik.
Wadephul spricht aus, was viele Beobachter und Experten seit Jahren sagen: Der stetige Ausbau israelischer Siedlungen zementiert eine Realität, in der ein palästinensischer Staat kaum noch denkbar ist. Der diplomatische Balanceakt Deutschlands – bedingungslose Solidarität mit Israel auf der einen, das Festhalten am Völkerrecht auf der anderen Seite – ist schwierig, aber notwendig. Wadephuls Worte schaffen in dieser Gemengelage Klarheit.
Dass er auch die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen anspricht und einen erleichterten Zugang für Hilfsorganisationen fordert, ist mehr als ein Appell – es ist eine Erinnerung daran, dass der Schutz von Zivilisten kein Wohlwollen, sondern Pflicht ist. Im Völkerrecht. Und in der Moral.
Der Minister macht deutlich, dass deutsche Verantwortung sich nicht in Freundschaftsbekundungen erschöpft, sondern Haltung verlangt – gegenüber Freunden wie Gegnern. Wer das ernst nimmt, muss eben auch Israels Kurs kritisieren dürfen, ohne als Gegner zu gelten.
OZD
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