Zum Inhalt springen
OZD.news - News und Nachrichten zum Nachschlagen
QR-Code zu www.online-zeitung-deutschland.de

Neues Migrationsabkommen zwischen Großbritannien und Frankreich in Kraft – Kritik von Hilfsorganisationen

London und Paris machen ernst im Kampf gegen irreguläre Migration über den Ärmelkanal. Ab sofort können Geflüchtete, die per Boot nach Großbritannien einreisen, nach Frankreich zurückgeschickt werden. Doch das neue Abkommen stößt auf deutlichen Widerstand.

Ein neues Abkommen zur Eindämmung der irregulären Migration über den Ärmelkanal ist am Mittwoch offiziell in Kraft getreten. Nach Angaben des britischen Innenministeriums sind die Behörden einsatzbereit – erste Festnahmen und Rückführungen sollen in den kommenden Tagen erfolgen. Premierminister Keir Starmer kündigte an, ein klares Signal zu senden: Wer „illegal“ mit kleinen Booten nach Großbritannien komme, werde künftig nach Frankreich zurückgeführt.

Auch das französische Innenministerium bestätigte, dass das Abkommen, das vergangene Woche unterzeichnet wurde, nun gilt. Die EU-Kommission hatte dem Vorhaben zuvor den Weg geebnet und von einem „innovativen Ansatz“ gesprochen.

Das Migrationsabkommen ist zunächst bis Juni 2026 befristet. Es sieht vor, dass Großbritannien Migranten, deren Asylgesuch als unzulässig gilt, nach Frankreich zurückbringt. Im Gegenzug verpflichtet sich London, eine entsprechende Zahl von Geflüchteten auf legalem Weg aufzunehmen – insbesondere solche mit familiären Bindungen in das Vereinigte Königreich oder aus besonders gefährdeten Herkunftsländern.

Flüchtlingsorganisationen übten scharfe Kritik. Das Abkommen sei keine Lösung, sondern eine Verschärfung der ohnehin gefährlichen Lage, so die Mahnung. Statt Abschreckung brauche es sichere und legale Zugangswege. Die Realität an der Küste spreche eine andere Sprache: Schleuserbanden florieren, verlangen mehrere tausend Euro pro Platz auf überfüllten Gummibooten – mit oft tödlichem Ausgang.

Großbritannien hatte bereits mit dem sogenannten Sandhurst-Abkommen von 2018 begonnen, Frankreich finanziell bei der Grenzsicherung zu unterstützen. Die Wirksamkeit blieb jedoch begrenzt: Seit Jahresbeginn 2025 sind bereits über 25.000 Menschen irregulär über den Ärmelkanal nach Großbritannien gelangt – ein neuer Höchststand. Mindestens 18 Menschen verloren in diesem Zeitraum ihr Leben bei den gefährlichen Überfahrten, wie das französische Innenministerium bekanntgab.

Ein Problem bleibt die juristische Grauzone auf See: Sicherheitskräfte dürfen laut internationalem Seerecht nur eingreifen, wenn ein Boot tatsächlich in Seenot ist. Solange das nicht der Fall ist, bleibt den Behörden meist nur die Beobachtung.

Viele Migranten wählen den Weg über den Ärmelkanal, weil sie in Großbritannien keine Ausweispflicht erwartet, weil sie sich mit der Sprache besser zurechtfinden – und weil ein abgelehntes Asylgesuch oft keine endgültige Hürde darstellt. Diese Realität bleibt auch mit dem neuen Abkommen bestehen, selbst wenn der politische Druck wächst.

Erklärungen:

Irreguläre Migration: Einreise in ein Land ohne gültige Aufenthaltserlaubnis oder Asylantrag.

Asylgesuch als unzulässig: Ein Antrag wird nicht inhaltlich geprüft, etwa weil bereits Schutz in einem anderen EU-Staat bestand.

Sandhurst-Abkommen: 2018 geschlossene Vereinbarung über britische Zahlungen an Frankreich zur Grenzsicherung.

Schleuserbanden: Kriminelle Netzwerke, die Migranten gegen hohe Summen die Überfahrt ermöglichen.

Seenot: Ein rechtlicher Begriff, bei dem Boote aktiv gerettet werden dürfen/müssen.

Rückführungen: Abschiebungen oder Rücktransporte von Personen in ein anderes Land.

Ärmelkanal: Meerenge zwischen Großbritannien und Frankreich, stark frequentierte Migrationsroute.

Keir Starmer: Aktueller britischer Premierminister, Labour-Partei.


OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP