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UNO ruft Hungersnot in Gaza aus – Israel spricht von „Hamas-Lügen“

Die UNO erklärt für die Stadt Gaza offiziell eine Hungersnot. Israel weist jede Verantwortung zurück und spricht von „Lügen der Hamas“. 500.000 Menschen sind betroffen – mit steigender Tendenz.

Die Vereinten Nationen haben für das Gebiet der Stadt Gaza offiziell eine Hungersnot festgestellt. Damit sei die höchste Stufe der IPC-Skala zum weltweiten Hungermonitoring erreicht, erklärte die zuständige UN-Initiative am Freitag. Der betroffene Bereich umfasst rund 20 Prozent des gesamten Gazastreifens, etwa eine halbe Million Menschen sind direkt betroffen.

UN-Nothilfechef Tom Fletcher machte Israel in ungewöhnlich scharfen Worten für die Katastrophe verantwortlich. „Diese Hungersnot hätten wir vermeiden können, wenn man es uns erlaubt hätte“, sagte er in Genf. Hilfsgüter stapelten sich an den Grenzen, würden aber wegen der Blockade nicht nach Gaza gelassen. UN-Menschenrechtschef Volker Türk warnte, das bewusste Aushungern von Zivilisten könne einem Kriegsverbrechen gleichkommen.

Auch UN-Generalsekretär António Guterres meldete sich zu Wort. Er verlangte eine sofortige Waffenruhe, die Freilassung aller noch festgehaltenen Geiseln und einen ungehinderten Zugang für humanitäre Helfer. „Die Situation darf nicht ungestraft so bleiben“, warnte Guterres.

Die israelische Regierung wies alle Vorwürfe kategorisch zurück. „Es gibt keine Hungersnot in Gaza“, erklärte das Außenministerium. Die IPC-Skala basiere auf „Hamas-Lügen“ und werde von „Organisationen mit eigenen Interessen“ missbraucht. Israel verweist auf nach eigenen Angaben massenhaft eingeführte Grundnahrungsmittel, die sogar einen Rückgang der Lebensmittelpreise verursacht hätten. Auch die Militärabteilung Cogat, zuständig für zivile Angelegenheiten in den Palästinensergebieten, sprach von fehlerhaften Berichten der IPC-Experten und betonte, man habe in den vergangenen Wochen die humanitäre Lage stabilisiert.

Die IPC-Analyse berücksichtigt den Zeitraum bis zum 15. August. Experten rechnen jedoch mit einer weiteren Verschärfung. Schon Ende September könnten auch Deir el-Balah und Chan Junis offiziell zu Hungersnot-Gebieten erklärt werden. Dann wären fast 650.000 Menschen betroffen.

Eine Hungersnot wird laut IPC-Skala definiert, wenn von 10.000 Menschen täglich mindestens zwei an Hunger oder unterernährungsbedingten Krankheiten sterben, wenn mehr als 30 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt sind und wenn mindestens ein Fünftel aller Haushalte keinen Zugang zu ausreichend Nahrung hat.

OZD



OZD-Kommentar

Die offizielle Erklärung der UNO ist ein diplomatischer Paukenschlag – und eine moralische Bankrotterklärung der internationalen Gemeinschaft. Wenn eine halbe Million Menschen hungern, während Hilfsgüter an Grenzübergängen verrotten, ist das mehr als eine humanitäre Krise – es ist politisches Kalkül auf dem Rücken der Schwächsten. Israel weist die Verantwortung brüsk zurück und redet von „Hamas-Lügen“. Doch selbst wenn Hamas die Situation propagandistisch ausschlachtet, ändert dies nichts an der Realität hungernder Kinder. Eine Regierung, die die Tore für Hilfslieferungen geschlossen hält, trägt Mitverantwortung. Die Welt darf nicht länger mit Appellen reagieren. Ein UN-Sicherheitsrat, der blockiert bleibt, macht sich mitschuldig. Bleibt die Hilfe aus, droht Gaza zur Todeszone des 21. Jahrhunderts zu werden – und die globale Ordnung steht vor einer Schande, die nicht mehr gutzumachen ist.



Lesermeinungen

„Es ist beschämend, dass die Welt zuschaut, während Kinder in Gaza verhungern.“  Dieter W. 



OZD-Analyse

Ausgangslage

UNO erklärt Hungersnot für die Stadt Gaza offiziell.

Rund 500.000 Menschen sind akut betroffen.

Prognose: Bis Ende September könnte sich die Krise auf fast 650.000 Menschen ausweiten.

Positionen der Akteure
a) UNO – spricht von vermeidbarer Katastrophe, wirft Israel Blockade vor.
b) Israel – weist Vorwürfe zurück, verweist auf angeblich stabile Versorgung.
c) Internationale Gemeinschaft – Appelle, aber bisher keine Zwangsmaßnahmen.

Konsequenzen

Humanitäre Dimension: Massenhafte Unterernährung, drohende Hungertode.

Politische Dimension: Vorwurf des Kriegsverbrechens stellt Israel international unter Druck.

Strategische Dimension: Eskalation könnte Israels Rückhalt im Westen schwächen und Forderungen nach Sanktionen verstärken.


Was ist die IPC-Skala?

Die IPC-Skala („Integrated Food Security Phase Classification“) ist ein international anerkanntes System zur Bewertung von Ernährungskrisen. Sie umfasst fünf Stufen – von minimaler Unsicherheit bis zur Hungersnot. Eine Hungersnot (Stufe 5) liegt vor, wenn mindestens 20 Prozent der Haushalte extremen Nahrungsmangel haben, mehr als 30 Prozent der Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt sind und täglich mindestens zwei von 10.000 Menschen an Hunger sterben.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.