Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) kündigt einen neuen Kurs in der Energiepolitik an – weniger staatliche Subventionen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, dafür mehr Unterstützung für die umstrittene CCS-Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2. „Momentan nutzen wir viel des erneuerbaren Stroms nicht. Er wird aber gefördert. Hier brauche es Anpassungen“, erklärte die Ministerin am Donnerstag.
Vor allem private Solaranlagen sollen künftig ohne Förderung auskommen. „Eine Solaranlage mit Speicher rechnet sich für Verbraucher bereits jetzt“, so Reiche. Auch beim Offshore-Windausbau soll gebremst werden. Ihr Ministerium rechnet dadurch mit Einsparungen von bis zu 40 Milliarden Euro.
An den Ausbauzielen hält die CDU-Politikerin zwar fest – bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Doch der Strombedarf werde nach neuesten Prognosen geringer ausfallen als geplant: zwischen 600 und 700 Terawattstunden, statt der bislang angesetzten 750. Gründe seien eine schwächere Elektrifizierung der Industrie, stockender Wasserstoffausbau, weniger Wärmepumpen und zurückgehende E-Auto-Zahlen.
Gleichzeitig betont Reiche die Rolle von „stabilen Grundlastkraftwerken“ – moderne Gaskraftwerke, die perspektivisch auf Wasserstoff umgestellt werden könnten. Diese sollen mit CCS-Technologie ausgestattet werden, um CO2 nicht in die Atmosphäre abzugeben, sondern in tiefliegenden Gesteinsschichten zu speichern. Doch die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen und gilt als teuer.
Die Reaktionen sind gespalten: Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe und Germanwatch werfen Reiche vor, die Energiewende auszubremsen und fossile Beihilfen zu fördern. Grünen-Politiker Michael Kellner sprach von „falschen Schlüssen aus dem Monitoringbericht“. Die Solarwirtschaft warnte vor einem Vertrauensverlust, wenn die Förderung privater Anlagen gestrichen werde.
Unterstützung kommt hingegen aus der Industrie. Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte Reiches Vorschläge als „Fundament für Effizienzverbesserungen des Energiesystems“. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mahnte allerdings, dass die Stromnachfrage bei wirtschaftlicher Erholung und durch Rechenzentren, E-Mobilität und Wärmesektor wieder deutlich steigen könne.
OZD
Mini-Infobox
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Energiepolitik Reiche (CDU)
– Weniger Förderung für Solar & Offshore-Wind
– CCS-Technologie für Gaskraftwerke erlaubt
– Ziel: 80 % erneuerbarer Strom bis 2030
– Erwarteter Bedarf 2030: 600–700 TWh
– Offshore-Bremse soll 40 Mrd. € sparen
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OZD-Kommentar
Katherina Reiche legt die Axt an die Erfolgsgeschichte der Energiewende. Während die Welt auf mehr Erneuerbare setzt, will sie die Förderung kürzen und stattdessen Milliarden in eine unausgereifte, teure und riskante CCS-Technologie stecken. Die Industrie applaudiert, doch Umweltverbände sprechen zu Recht von einem gefährlichen Rückschritt. Der eigentliche Skandal: Statt den Weg zu beschleunigen, den Deutschland eingeschlagen hat, wird er nun gebremst – und das mit dem Argument, die Nachfrage sinke. Die Prognose ist klar: Wenn Politik auf falsche Pferde setzt, zahlt am Ende die Gesellschaft den Preis – mit höheren Kosten, mehr Risiken und weniger Klimaschutz.
Lesermeinungen
„CCS ist ein teurer Irrweg. Wir brauchen mehr Wind und Solar, nicht weniger!“ (Lena H., Hamburg)
„Endlich Schluss mit der Subventionsflut. Reiche denkt wirtschaftlich vernünftig.“ (Peter S., Köln)
„Das stoppt die Energiewende. Wer bremst, riskiert Arbeitsplätze und Klimaziele.“ (Markus R., München)
OZD-Analyse
Reiches Hauptpunkte
– Kürzung von Subventionen für Solar und Offshore-Wind
– Einführung von CCS-Technologie für Gaskraftwerke
– Ziel bleibt: 80 % erneuerbarer Strom bis 2030
Konfliktlinien
a) Umweltverbände: Sprechen von „Kahlschlag“ und warnen vor Rückschritt.
b) Industrie: Beifall für mehr Effizienz und Kostenreduktion.
c) Energiewirtschaft: Warnt vor steigender Stromnachfrage trotz gesenkter Prognosen.
Risiken und Chancen
– Risiken: CCS teuer, unsicher und noch nicht marktreif.
– Chancen: Kostenersparnis durch weniger Offshore-Ausbau.
– Gefahr: Vertrauensverlust bei Bürgern und Investoren in die Energiewende.
OZD-Erklärungen
Wer ist Katherina Reiche?
Katherina Reiche ist seit 2025 Bundeswirtschaftsministerin (CDU). Zuvor war sie unter anderem Staatssekretärin im Bundesumweltministerium und Chefin des Verbands Kommunaler Unternehmen.
Was ist CCS?
CCS steht für Carbon Capture and Storage – ein Verfahren, bei dem Kohlendioxid abgeschieden und in tiefen Gesteinsschichten gespeichert wird, statt in die Atmosphäre zu gelangen. Es gilt als technisch möglich, ist aber sehr teuer, energieintensiv und gesellschaftlich umstritten.
Was ist der BDEW?
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist ein einflussreicher Interessenverband der Energie- und Wasserwirtschaft in Deutschland mit Sitz in Berlin. Er vertritt mehr als 2000 Unternehmen, darunter Stadtwerke, Energiekonzerne und Netzbetreiber.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.