Der niederländische Stromnetzbetreiber Tennet hat eine milliardenschwere Vereinbarung für seine deutsche Tochter unterzeichnet. Mit dem Einstieg des niederländischen Rentenfonds APG, des norwegischen Staatsfonds NBIM sowie des singapurischen Staatsfonds GIC soll der Netzausbau von Tennet Deutschland langfristig abgesichert werden.
„Wir freuen uns sehr, eine strukturelle Lösung für den Eigenkapitalbedarf von Tennet Germany gefunden zu haben, und ich sehe der Partnerschaft mit diesen hoch angesehenen Investoren erwartungsvoll entgegen“, erklärte Tennet-Vorstandschefin Manon van Beek am Mittwoch. Die Investoren erhalten 46 Prozent an Tennet Deutschland, während der Mutterkonzern vorerst 54 Prozent behält. Insgesamt sollen bis zu 9,5 Milliarden Euro fließen.
Tennet, das dem niederländischen Staat gehört, ist in Deutschland einer der vier großen Übertragungsnetzbetreiber. Der Netzausbau gilt als entscheidend für die Energiewende, war aber in den vergangenen Jahren durch Finanzierungsprobleme gebremst. Ein Verkauf an den deutschen Staat war gescheitert, da Berlin die Milliardenmittel nicht aufbringen konnte.
Mit der aktuellen Vereinbarung kommen Den Haag und Berlin nun einer Lösung näher. Auch der deutsche Staat zeigte Interesse an einer Minderheitsbeteiligung: Gespräche mit der staatlichen Förderbank KfW sind vorgesehen. Ziel bleibe eine zuverlässige, nachhaltige und bezahlbare Stromversorgung, so Tennet.
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OZD-Kommentar
Milliarden fließen in die deutschen Stromnetze – doch das Geld stammt aus Singapur, Norwegen und den Niederlanden. Was auf den ersten Blick nach einem Erfolg für die Energiewende aussieht, ist in Wahrheit ein Alarmsignal.
Deutschland hat es verpasst, seine Netze selbst finanziell abzusichern. Stattdessen sichern ausländische Staatsfonds nun die Kontrolle über zentrale Infrastrukturen. Das bedeutet: – strategische Abhängigkeit von externen Geldgebern – wachsende Einflussmöglichkeiten fremder Staaten auf die deutsche Energiepolitik – ein Offenbarungseid der Bundesregierung in Sachen Investitionskraft.
Prognose: Kurzfristig profitiert die Energiewende, langfristig jedoch wächst die Gefahr, dass Deutschland bei der Netzinfrastruktur nicht Herr im eigenen Haus bleibt.
Lesermeinungen
„Gut, dass endlich Geld fließt. Aber warum schaffen wir es nicht, unsere Netze selbst zu finanzieren?“ – Claudia Meier
„Das ist ein großer Schritt für die Energiewende. Internationale Partner sind kein Problem, solange die Versorgung sicher bleibt.“ – Ralf König
„Erschreckend, dass Deutschland von Staatsfonds anderer Länder abhängig ist. So sieht keine souveräne Energiepolitik aus.“ – Verena Hofmann
OZD-Analyse
Bedeutung des Deals
– 9,5 Milliarden Euro sichern Netzausbau.
– Beteiligung von drei mächtigen Staatsfonds.
– Tennet Deutschland bleibt mehrheitlich beim Mutterkonzern.
Politische Dimension
– Scheitern des deutschen Einstiegs 2023.
– Abhängigkeit von ausländischem Kapital.
– Signale für spätere Beteiligung der KfW.
Folgen für die Energiewende
– schnellerer Ausbau der Netze möglich.
– Stabilisierung der Versorgungssicherheit.
– Risiko von geopolitischem Einfluss wächst.
OZD-Erklärungen
Was ist Tennet?
Tennet ist ein internationaler Stromnetzbetreiber mit Hauptsitz in Arnheim, Niederlande. Das Unternehmen gehört dem niederländischen Staat und betreibt Stromnetze in den Niederlanden und Deutschland. Tennet Deutschland ist einer der vier großen Übertragungsnetzbetreiber hierzulande.
Was ist die KfW?
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist eine deutsche Förderbank im Staatsbesitz. Sie unterstützt Infrastrukturprojekte, Unternehmen und Klimaschutzmaßnahmen. Mit einem möglichen Einstieg bei Tennet könnte sie staatlichen Einfluss auf die Stromnetze sichern.
Was sind Staatsfonds?
Staatsfonds sind Kapitalanlagen von Ländern, die Überschüsse aus Rohstoffexporten, Handelsgewinnen oder Rentensystemen investieren. Beispiele sind Norwegens Öl- und Gasfonds NBIM oder Singapurs GIC. Sie verfolgen sowohl Renditeziele als auch strategische Interessen.
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