Mit scharfen Worten hat Chinas Regierungschef Li Qiang vor einer Rückkehr zu einer Weltordnung der Blockkonfrontation gewarnt. „Unilateralismus und die Mentalität des Kalten Krieges tauchen wieder auf“, sagte Li am Freitag bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Die Welt befinde sich in einer neuen Ära „der Turbulenzen und der Transformation“.
Der chinesische Premier warnte, die internationale Ordnung, die in den vergangenen 80 Jahren aufgebaut worden sei, werde zunehmend gestört. Das „einstmals effektive internationale System“ stehe unter Druck. „Die Menschheit befindet sich ein weiteres Mal an einem Scheideweg“, sagte Li.
Ohne die USA direkt zu nennen, kritisierte er einseitige protektionistische Maßnahmen wie Zollerhöhungen und Handelsbeschränkungen. Diese seien eine Gefahr für das globale Wachstum. China dagegen halte seine Märkte offen: „Wir haben unsere Tür zur Welt fortwährend weiter geöffnet.“
Die Bemerkungen richten sich indirekt gegen US-Präsident Donald Trump, der in den vergangenen Monaten zahlreiche Zölle drastisch angehoben hat – nicht nur gegen China, sondern auch gegen andere große Handelspartner. Damit hatte Trump einen neuen Handelskonflikt mit Peking entfacht und alte Gräben vertieft.
OZD
OZD-Kommentar
Li Qiang versucht, sich als Hüter der multilateralen Ordnung
darzustellen – doch dahinter steckt knallharte Machtpolitik. China warnt
vor der „Mentalität des Kalten Krieges“, während es selbst im
Südchinesischen Meer Grenzen verschiebt und Nachbarn unter Druck setzt.
Zugleich trifft Trump mit seiner Zollpolitik einen wunden Punkt: Peking
fürchtet den Verlust von Exportmärkten. Die Bühne der UN soll Chinas
Position aufwerten, doch die Welt hört zwiespältig zu. Was bleibt, ist
die Erkenntnis: Der neue Kalte Krieg ist längst Realität – mit
Handelskriegen, geopolitischen Spannungen und wachsendem Misstrauen auf
beiden Seiten.
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OZD-Analyse
Li Qiangs Kernbotschaft
– Warnung vor neuer Blockkonfrontation
– Betonung multilateraler Ordnung
– Kritik an Handelsprotektionismus
Zielrichtung der Rede
a) Indirekte Kritik an den USA unter Trump
b) Positionierung Chinas als Befürworter offener Märkte
c) Versuch, Schwellenländer als Verbündete zu gewinnen
Globaler Kontext
– Zuspitzung des Handelskonflikts durch US-Zölle
– Parallelen zur Systemkonkurrenz des Kalten Krieges
– Gefahr wachsender geopolitischer Fragmentierung
Wer ist Li Qiang?
Li Qiang, geboren 1959, ist seit März 2023 Premier der Volksrepublik
China und damit der zweithöchste Politiker nach Staatschef Xi Jinping.
Er gilt als enger Vertrauter Xis und setzte in seiner Karriere vor allem
auf wirtschaftliche Reformen in den Küstenregionen Chinas. Als
Regierungschef ist er für Wirtschaftspolitik, Handel und die
internationale Positionierung Chinas verantwortlich.
Was ist die Generaldebatte der UN-Vollversammlung?
Die Generaldebatte ist das jährliche Spitzentreffen der Vereinten
Nationen in New York. Im September jeden Jahres treten Staats- und
Regierungschefs ans Rednerpult, um ihre außenpolitischen Positionen
darzulegen. Die Debatte gilt als weltweite Bühne für geopolitische
Botschaften und diplomatische Signale.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.