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Washingtons riskanter Schritt

Sicherheitsgarantie für Katar - Kommentar

Die jüngste Entscheidung der US-Regierung, Katar eine quasi-NATO-ähnliche Sicherheitsgarantie zu geben, markiert einen tiefen Einschnitt in die geopolitische Architektur des Nahen Ostens. Dass Washington diesen Schritt ausgerechnet nach einem israelischen Angriff unternimmt, zeigt die wachsenden Spannungen zwischen zwei ihrer wichtigsten Partner.

Die Wortwahl des Dekrets – ein Angriff auf Katar werde wie ein Angriff auf die USA selbst betrachtet – erinnert bewusst an Artikel 5 des Nordatlantikvertrages. Damit überschreiten die Vereinigten Staaten eine Schwelle, die bislang nur dem Bündnis mit Europa vorbehalten war. Mit einem Federstrich hat Donald Trump den Status Katars in der US-Sicherheitsdoktrin aufgewertet – weit über das hinaus, was traditionell selbst engste Partner am Golf wie Saudi-Arabien oder die Vereinigten Arabischen Emirate je beanspruchen konnten.

Doch dieser Schritt wirft mehr Fragen auf, als er Antworten liefert. Erstens: Wie belastbar ist eine solche Zusicherung tatsächlich? Trumps Präsidentschaft war geprägt von Unberechenbarkeit und plötzlichen Kurswechseln. Ob künftige US-Regierungen sich an diese Zusage gebunden fühlen, bleibt fraglich. Zweitens: Welche Signale sendet Washington damit an Israel? Die ungewöhnlich scharfe öffentliche Kritik Trumps und die erzwungene Entschuldigung Netanjahus markieren eine sichtbare Verschiebung im Verhältnis der beiden Länder. Die USA machen klar, dass selbst ihr engster Verbündeter nicht über alle Bande frei agieren kann, wenn dadurch amerikanische Interessen gefährdet werden.

Für die Region birgt die neue Sicherheitsgarantie Sprengstoff. Katar gewinnt an Gewicht – nicht nur als Vermittler im Gaza-Krieg, sondern auch als Akteur, der nun faktisch unter amerikanischem Schutzschild operiert. Riad, Abu Dhabi und Kairo werden diese Entwicklung mit Argwohn verfolgen. Ein Golfstaat, der bisher eher als Finanzier und Mediator auftrat, ist nun Teil der militärischen Sicherheitsarchitektur Washingtons – eine Entwicklung, die bestehende Rivalitäten verschärfen könnte.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die USA ihre militärischen Kapazitäten tatsächlich ausweiten wollen. Schon jetzt sind sie durch Engagements in Europa und Asien stark belastet. Eine bindende Beistandszusage für Katar erhöht das Risiko, in regionale Eskalationen hineingezogen zu werden – nicht nur gegenüber Israel, sondern auch in potenziellen Konflikten mit dem Iran.

Kurzum: Was als Schutzversprechen gegenüber einem „wichtigen Verbündeten“ präsentiert wird, ist in Wahrheit ein riskantes geopolitisches Experiment. Die USA könnten sich dadurch nicht nur neue Verpflichtungen aufbürden, sondern auch die fragile Balance am Golf endgültig destabilisieren.

OZD


Alle Angaben ohne Gewähr.

Foto: AFP