Was lange zögerlich formuliert, hinter diplomatischen Floskeln versteckt oder ganz verschwiegen wurde, sagt Bundeskanzler Friedrich Merz nun klar: Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen ist nicht länger mit einem legitimen Kampf gegen Terrorismus zu rechtfertigen. Es trifft zu viele Unschuldige, zerstört zu viel ziviles Leben – und es entfremdet selbst treue Verbündete.
Merz spricht von Zurückhaltung aus historischen Gründen. Doch genau diese Geschichte lehrt, dass Menschenwürde und Völkerrecht universell gelten müssen – auch für einen Staat, dem Deutschland aus tiefer Schuld heraus besondere Solidarität schuldet. Gerade deshalb darf diese Solidarität nicht blind sein. Freundschaft bedeutet auch, unangenehme Wahrheiten auszusprechen.
Wenn ganze Stadtteile zerbombt, Flüchtlingslager attackiert, Hilfslieferungen blockiert und Zehntausende Zivilisten getötet werden, ist das kein gezielter Anti-Terror-Einsatz mehr – es ist ein entfesselter Krieg, der die Grenzen des humanitären Völkerrechts längst überschritten hat. Dass ein CDU-Kanzler das nun öffentlich ausspricht, markiert eine Wende – und vielleicht den Beginn einer überfälligen Debatte.
Israels Sicherheit ist Deutschlands Staatsräson – ja. Aber Sicherheit entsteht nicht durch wahllose Zerstörung, sondern durch politische Perspektiven. Wenn Israel glaubt, sich militärisch aus der Geisel der Hamas befreien zu können, irrt es. Man kann Terroristen bekämpfen – aber man darf dafür nicht ein ganzes Volk in Sippenhaft nehmen.
Die Wahrheit ist: Es gibt keine militärische Lösung in Gaza. Nur noch Leid, Zerstörung – und den schleichenden moralischen Bankrott eines Landes, das einst zu Recht um seine Existenz kämpfen musste und heute Gefahr läuft, durch sein eigenes Handeln seine internationalen Unterstützer zu verlieren.
Merz hat etwas angestoßen. Hoffentlich bleibt es nicht bei Worten. Es ist Zeit, Israel zur Umkehr zu drängen – nicht gegen Israel, sondern für eine Zukunft, in der Frieden noch denkbar ist.
OZD
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Bild: AFP